Jörg Tauss, Unschuldsvermutung und öffentliche „Hinrichtung“

In Bund und Ländern bestehen einheitlich die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV), die „vornehmlich für den Staatsanwalt betimmt“ sind. Dort heißt es in Nr. 4a: „Die Staatsanwaltschaft vermeidet alles, was zu einer nicht durch den Zweck des Ermittlungsverfahrens bedingten Bloßstellung des Beschuldigten führen kann.“ Es ist auch deutlich zu machen, „daß gegen den Beschuldigten lediglich der Verdacht einer Straftat besteht.“
Denn das moderne Strafverfahren respektiert die Würde auch eines Täters, somit erst recht eines Verdächtigen, es bezweckt erforderlichenfalls seine Resozialisierung und nicht umgekehrt seine totale soziale Ächtung und personale Zerstörung.
Im Falle von Jörg Tauss, dem MdB und baden-württembergischen SPD-Generalsekretär, haben auf Unterrichtung der Karlsruher Staatsanwaltschaft alle Abendnachrichten mit vollem Namen und Bild über den Verdacht des Besitzes kinderpornographischen Bildmaterials berichtet. Kurz nach Beginn der Durchsuchung war das Privatfernsehen zur Stelle gewesen. Tauss mußte alle Ämter aufgeben.
Von den Strafgerichten wird in solchen Fällen die Wirkung der öffentlichen „Hinrichtung“ beklagt und die Strafe gemildert. Das weiß ein Staatsanwalt. Was also bezweckt er?
Vernichtung eines Beschuldigen ist nicht und darf nicht Zweck eines Strafverfahrens sein. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe betreibt das Gegenteil, wohl wissend, daß sich kaum jemand vor Tauss stellen wird, „bei diesen Vorwürfen“.

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