Durch die Eilentscheidung des VGH Mannheim vom 15.01.14 wird es nun erstmals nicht mehr nur europäischen sondern auch binnendeutschen Führerscheintourismus geben. Denn infolge dieser Entscheidung ist zur Beglückung und zur Arbeitsbeschaffung der Verkehrspsychologen für Baden-Württemberg nun geregelt, dass stets eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet werden muß, wenn durch den Strafrichter die Fahrerlaubnis alkoholbedingt entzogen war, also insbesondere auch in den Fällen folgenloser Trunkenheitsfahrt im Promillebereich zwischen 1,1 und 1,6 sowie bei relativer Fahruntüchtigkeit in Straßenverkehrsgefährdungsfällen, also auch u.U. deutlich unter 1 Promille BAK.
Der VGH begründet dies aus § 13 Satz 1 Nr. 2 d) der Fahrerlaubnisverordnung (FeV).
War die Fahrerlaubnis entzogen (§ 13 Satz 1 Nr. 2 d) wegen „Tatsachen (die ) die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen“ (§ 13 Satz 1 Nr. 2 a), müsse eine MPU angeordnet werden. Alkoholmissbrauch ist definiert in Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV: Er liegt vor, wenn „das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum…nicht hinreichend sicher getrennt werden (kann)“. Dies sei, so der VGH, durch die strafrichterliche Verurteilung festgestellt.
Mit der Frage, weswegen der Verordnungsgeber dann eigentlich den MPU-Regelfall des § 13 Satz 1 Nr. 2 c) normiert hat, setzt sich die Entscheidung nicht auseinander. Danach hat sich im Wiedererteilungsverfahren einer MPU zu unterziehen, wer ein Fahrzeug mit einer BAK von mindestens 1,6 Promille oder eine AAK von mindestens 0,8 mg/l geführt hat.
Eventuell hätte man sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob nach dem Willen des Verordnungsgeber, an den der Richter gebunden ist, der in diesem Sinne beeinträchtigende Alkoholkonsum im Regelfall erst bei einem Wert von 1,6 Promille angenommen werden soll.
Wer in Baden-Württemberg wohnt und wem dort mit unter 1,6 Promille die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, sollte verschärft über einen Wohnsitzwechsel in ein anderes Bundesland nachdenken. Die Führerscheinakte zieht mit um. Und außerhalb von Baden-Württemberg halten sich die Fahrerlaubnisbehörden an die Fahrerlaubnisverordnung so, wie sie vom Verordnungsgeber gewollt worden ist. Danach kommt eine MPU im Regelfall nur dann in Frage, wenn die BAK 1,6 Promille und mehr betrug und in Fällen wiederholter Zuwiderhandlung unter Alkoholeinfluss.
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