Der Unfallgeschädigte darf sein Fahrzeug auch dann reparieren lassen, wenn die Reparaturkosten maximal 130 % des Wiederbeschaffungswertes für ein Ersatzfahrzeug betragen.
Umstitten war, ob dabei von den Reparaturkosten mit oder ohne Mehrwertsteuer auszugehen ist. Der BGH hat nun entschieden (NZV 2009, 333 = NJW 2009, 1340), daß auf die Bruttoreparaturkosten abzustellen ist.
Beträgt der Wiederbeschaffungswert beispielsweise 10.000 € (der Restwert ist bei dieser Berechung nicht zu berücksichtigen) dürfen die Reparaturkosten maximal 13.000 € ausmachen, ohne Mehrwertsteuer also „nur“ 10.924 €, somit kaum höher sein, als der Wiederbeschafungswert.
Archiv für den Monat: Juli 2009
Getilgte Voreintragungen innerhalb der Überlagefrist verwertbar
Das OLG Frankfurt (NZV 2009, 350) hat am 22.1.09 entgegen der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung entschieden, daß im Verkehrszentralregister getilgte Voreintragungen dennoch gegen den Betroffenen verwertet werden dürfen, wenn das Gericht innerhalb der einjährigen Überlagefrist, die sich an die Tilgungsfrist anschließt, entscheidet.
Der Richter des 5. Strafsenates in Leipzig Peter König kritisiert die Entscheidung als mit dem Wortlaut des § 29 StVG nicht vereinbar.
Er fragt weiter, weswegen nicht nach § 121 II GVG dem BGH vorgelegt worden ist (das OLG meint dazu, durch Ablauf der Überlagefrist kurz nach seiner Entscheidung trete prozeßuale Überholung ein) und fordert: das nächste OLG muß vorlegen, es sei denn das OLG Ffm gibt seine Auffassung auf.
Sollte vorgelegt werden, wird die Frage sicher nicht im Sinne des OLG Ffm beantwortet werden!
Richter wegen Rechtsbeugung rechtskräftig zu 3 Jahren und sechs Monaten verurteilt
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 201/09
vom
24. Juni 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Rechtsbeugung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2009 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14. November 2008 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Weiterlesen
Fahrtkostenerstattungsanspruch für obsiegende Partei und Prozeßbevollmächtigten gesondert, trotz selber Wegstrecke
Das Amtsgericht Bielefeld hat auf die Erinnerung des Kostenerstattungspflichtigen am 19.07.09 entschieden, daß die obsiegende Partei Erstattung ihrer Fahrtkosten, hier Bahnfahrten für rund 130 € zum Termin, beanspruchen kann und daneben die Erstattung der Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder ihres Prozeßbevollmächtigten, der dieselbe Strecke zum Termin mit dem PKW zurückgelegt hatte (41 C 143/09)
Beide waren von Bensheim nach Bielefeld gereist. Die einfache Entfernung beträgt 370 km. Mehrere Stunden gemeinsam auf engem Raum zu verbringen sei nur dann zumutbar, wenn sich Anwalt und Mandant „kennen“. Andernfalls seien „gewisse Unannehmlichkeiten“ denkbar, welche wird nicht näher ausgeführt, auf die man sich nicht einlassen müsse, nur um die Kostenerstattungslast des Gegners zu verringern.
Beschleunigungsgebot in Haftsachen (BVerfG 2 BvR 388/09)
Aufgrund der am Dienstag veröffentlichten Entscheidung des BVerfG (2 BvR 388/09) hat das OLG Düsseldorf den Haftbefehl gegen einen der gefährlichen Körperverletzung Verdächtigen wegen Verstoßes gegen das besonderer Beschleunigungsgebot in Haftsachen aufgehoben. Der Mann saß seit November 2007 in U-Haft. In erster Instanz war er im März 2008 verurteilt worden. Die Berufungsverhandlung fand im Januar 2009 statt. Der Angeklagte wurde zu drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Landgericht Mönchengladbach ordnete die Haftfortdauer an. Dagegen legte der Angeklagte Beschwerde ein, der das OLG nicht abhalf. Daraufhin entschied das BVerfG, daß das Verfahren zwischen den beiden Tatsacheninstanzen nicht ausreichend gefördert worden war und verwies an das OLG zurück, welches am 24.06.09 den Mann auf freien Fuß setzte.
In eigener Sache: mein nächster Artikel erscheint – urlaubsbedingt – erst am 27.07.09.
Richter zu Anwälten: „Das haben sie ihrem Kollegen zu verdanken!“
Daß Richter für ihre Arbeit oft kein „Feedback“ bekommen, weder Lob noch Tadel, hat etwas mit ihrer abgehobenen Stellung in diesem „königlichen Amt“ zu tun. Immerhin brauchen sie auch nicht für Fehlentscheidungen persönlich einzustehen. Dies sollte aber nicht dazu verführen, für Fehler immer andere verantwortlich zu machen, gerne nimmt man Anwälte hierfür.
Vor einem Zivilrichter in Bensheim fand gestern Verhandlung statt. Zur Sachaufklärung waren die drei Parteien persönlich geladen und erschienen. Zeugen gab es auch, die waren aber nicht geladen. Statt dessen hatte der Richter zuvor angefragt, ob die bereits „beigezogene Ermittlungsakte zu Beweiszwecken verwertet werden“ könne. Er erhielt zur Antwort: „Gegen eine Verwertung der beigezogenen Akte im Rahmen des § 415 ZPO bestehen keine Bedenken.“ Dies war vor drei Monaten.
Im gestrigen Termin fragte er nun nach. Die Erklärung sei unklar, meinte er. Solle denn damit erklärt werden, daß auf der unmittelbaren Zeugeneinvernahme bestanden werde?! Na das hätte man ja vorher auch sagen können, man handele nicht gerade prozeßökonomisch (sic!).
Wie sonst hätte die Erklärung verstanden werden sollen? Wenn Prozeßökonomie dem Richter wichtig ist, hätte er, unklare Erklärung unterstellt, nachfragen können, es waren noch drei Monate Zeit bis zum Termin. Stattdessen bekam der Anwalt zu hören, dies sei doch wohl nicht sein erster Zivilprozeß (sic!). Der Termin wäre jetzt natürlich sinnlos (weshalb die zur Sachaufklärung erschienenen Parteien unverrichtet heim geschickt wurden, ist das Geheimnis des Richters), neuer Termin ergehe von Amts wegen. Hämisch am Schluss zu den beiden anderen Anwälten: „Das haben sie jetzt ihrem Kollegen zu verdanken!“
Was der Anwalt dazu zu sagen hatte, interessierte den Richter nicht. Er hatte seinen Ballast abgeworfen und entschwand.
Wartezeit bei Atemalkoholmessung
Wird bei einem standardisierten Atemalkohol-Messverfahren die Wartezeit von 20 Minuten zwischen Trinkende und erster Messung nicht eingehalten, so führt dies in der Regel zur Unverwertbarkeit der Messung (AG Plön-DAR 2008, 408).
Eine Million für `ne Trunkenheitsfahrt?
Na endlich! Jetzt erhält auch derjenige eine gerechte Geldstrafe, der mehr als 150.000 € netto im Monat verdient, selbstverständlich nach Abzug der Unterhaltsverpflichtungen. § 40 StGB ist geändert und die maximale Tagessatzhöhe beträgt nun nicht mehr 5.000 € sondern 30.000 € (BGBl I 2009, 1658). Aber spüren wir da nicht eine fortbestehende Gerechtigkeitslücke? Was ist mit den Trunkenheitsfahrern und Ladendieben unter den Monatseinkommensmillionären? Sollen die etwa für einen einfachen § 316 bei 30 Tagessätzen gerade eben mal lumpige 900.000 € Geldstrafe bezahlen? Mir scheint, der Gesetzgeber ist hier dringend zum Handeln aufgefordert!
Verkehrstherapie statt „MPU“
Das Landgericht Düsseldorf (DAR 2008, 597) hat eine Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf bestätigt, das in der Hauptverhandlung einem wegen einer Trunkenheitsfahrt mit 2,12 Promille Angeklagten den Führerschein bereits 5 1/2 Monate nach der Tat wieder aushändigte, nachdem sich dieser einer sogn. IVT-Hö-Verkehrstherapie unterzogen hatte und Abstinenz für diesen Zeitraum glaubhaft machen konnte. Die Fahrerlaubnisbehörde ist an die Entscheidung des Strafgerichts gebunden und darf keine MPU anordnen.
Regelung:“bei Untersuchungshaft sofort Pflichtverteidiger“ im Vermittlungsausschuß
Der Bundestag hat eine Änderung der §§ 140, 141 StPO beschlossen. Danach ist dem Beschuldigten sogleich mit Vollzug der Untersuchungshaft ein Pflichtverteidiger zu bestellen. Bisher war dies erst der Fall, wenn die Haft mindestens 3 Monate angedauert hatte und der Betroffene nicht mindestens 2 Wochen vor der Hauptverhandlung aus der Haft entlassen worden war.
Die Neuregelung befindet sich derzeit im Vermittlungsausschuß, nachdem im Bundesrat fiskalische Bedenken erhoben worden sind. Angesichts der nahenden Endes der Gesetzgebungsperiode wird das Inkrafttreten der Regelung zweifelhaft.