Bild: bei „Aussage gegen Aussage“ wird das Gerichtsverfahren eingestellt!

Dass es von Überheblichkeit und Ignoranz zeugt, wenn Juristen auf die Lektüre der Bild-Zeitung verzichten, um sich anhand der dortigen Berichterstattung über Strafverfahren zu informieren, ist allgemein bekannt. Wo sonst findet sich ausgewogene Berichterstattung mit Hintergrundwissen sonst so trefflich kombiniert mit unkonventionellen Täter-/Verdächtigenbezeichnungen wie „Bestie“ o. ä. und Lichtbildern desselben in oft kompromitierenden Situationen?
Doch auch als juristische Fachzeitschrift wird „Bild“ und ihre Derivate oftmals verkannt. Dabei enthält sie viele hilfreiche Hinweise für den professionellen Einsatz in der Strafverteidigung. Die „Auto-Bild“ vom 21.01.2011 (S. 65) befasst sich etwa mit den strafrechtlichen Folgen von Beleidigungen unter der Überschrift: „So teuer wird der Stinkefinger…“ Dort werden in Tabellenform einzelne Artikulationen, z.B. „leck mich am Arsch“ mit den Tarifen im Strafausspruch kombiniert, im Beispielsfall etwa „300 Euro“. Okay, es wird nicht versäumt im Kleingedruckten darauf hinzuweisen: „die Strafen können je nach Fall und Urteil nach unten oder oben abweichen“. Aber das erklärt irgendwie nicht, weshalb die Tabelle etwa für „Alte Sau“ 2500 Euro ausweist. Das ist ja mehr als das Achtfache von „Leck mich am Arsch“.
Besonders hilfreich für den Praktiker sind die Ausführungen zum „Straffrei fluchen – wie geht das?“ Dort heißt es: „Wir wollen hier keine Anleitung für flegelhaftes Benehmen am Steuer geben. Aber ist ihnen schon mal ein unflätiges Schimpfwort herausgerutscht, gilt: Beim Fluchen ohne Zeugen steht Aussage gegen Aussage – das Gerichtsverfahren wird eingestellt.“
Das also ist die Lösung! Einfach Zeugen vermeiden und schon kann man nicht mehr verurteilt werden! Aber was ist mit dem Beleidigten, wie kann man denn verhindern, daß der als Zeuge aussagt? Und wieso findet eigentlich seit Monaten der Kachelmann-Prozeß statt. Da steht doch auch „Aussage gegen Aussage“.  Darüber schweigt „Auto-Bild“ leider.

4 Gedanken zu „Bild: bei „Aussage gegen Aussage“ wird das Gerichtsverfahren eingestellt!

  1. sg

    Die Idee der Jura Bild finde ich nicht schlecht. Könnte mir inhaltlich auch schon einige interessante Themen vorstellen: „Wer wird Testsieger im großen JVA-Vergleich?“, „Wer sprintet schneller von 0 auf 100? Dieb oder Polizist?“ und dann natürlich noch die Rubrik „Kummerknacki“, in der Inhaftierte ihre Sorgen loswerden können und denen Jura Bild evtl. weiterhelfen kann.

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  2. videofan

    Zu ihrer Frage der genannten Beträge müsste man „Alte S..“ und „A….“ vergleichen, darüber hinaus müssten persönliche Neigungen bekannt sein, um den Grad der Beleidigung feststellen zu können.

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