In Bußgeldverfahren ist es mittlerweile üblich, dass das Gericht zwar unheimlich viel Wert darauf legt, dass der sogenannte Betroffene von Gott weiß woher im Termin zur Hauptverhandlung erscheint, weswegen sein persönliches Erscheinen auch regelmäßig angeordnet wird. Auf Zeugen wird weniger Wert gelegt. Lieber sollen die polizeilichen Zeugen, die z.B. eine Geschwindigkeitsmessung durchgeführt haben, dadurch ersetzt werden, dass Schriftstücke vorgelesen werden, die sich in der Akte befinden. Dies lässt § 77a OWiG, der das vereinfachte Verfahren in Bußgeldsachen regelt, grundsätzlich auch zu. Allerdings ist in Abs. 4 geregelt, dass diese Vorgehensweise von Seiten des Betroffenen und des Verteidigers zustimmungsbedürftig ist. Wird in der Hauptverhandlung die Zustimmung nicht erteilt, ist der Termin „geplatzt“ und das Gericht muss einen neuen Termin bestimmen und hierzu den oder die in Betracht kommenden Zeugen laden. Dies ist auch sinnvoll, denn ob die Messung ordnungsgemäß und im Einklang mit den Bedienvorschriften des Herstellers des Messgerätes durchgeführt worden ist, kann nur durch Befragung der Meßbeamten ergründen werden. Das Papier, auf dem der Meßbeamte bei der Messung verewigt hat, dass alles ordnungsgemäß gewesen sei, ist nämlich überaus geduldig.
Die Nichtverlesbarkeit ohne Zustimmung gilt auch für das Meßprotokoll selbst, auch wenn Gerichte teilweise der Auffassung sind, dieses könne gemäß § 256 StPO, dort Abs. 1 Nr. 5, verlesen werden. Diese Regelung betrifft allerdings lediglich Protokolle der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen. Polizeiliche Messungen sind allerdings der Gefahrenabwehr und nicht der Strafverfolgung zuzuordnen. Daher kann nach dieser Vorschrift ebenfalls eine Verlesung des Meßprotokolls nicht erfolgen.