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Stillstand der Rechtspflege

im Zuge der Corona-Krise und zahlreichen abgesagt Gerichtsterminen sowie überhaupt insgesamt nicht mehr zugänglichen Gerichtsgebäuden wird nun justizintern auch vom Stillstand der Rechtspflege (z.B. im Editorial der heutigen NJW), der in § 245 ZPO normiert ist, gesprochen. Im Gesetz heißt es: „Hört infolge eines Krieges oder eines anderen Ereignisses die Tätigkeit des Gerichts auf, so wird für die Dauer dieses Zustands das Verfahren unterbrochen.“. Die Befassung mit diesem Thema führt zu einem Spiegel-Artikel aus dem Jahre 1970 (!) von Gerhard Mauz (https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43787183.html).
Auch die heutige Klage über schlechte Besoldung, zu viel Arbeit und zu schlechte Ausstattung im Jahre 2020 hört sich genauso an. Es scheint ein Wesensmerkmal der Justiz zu sein, über die Umstände, in denen man tätig ist, zu jammern aber: irgendwie funktioniert es doch. Und so wird es auch mit der Bewältigung der gegenwärtigen zusätzlichen Schwierigkeiten sein. Noch jedenfalls sind die wenigsten Justizangehörigen erkrankt oder gar verstorben. Schon gar nicht sind, wie es § 245 ZPO voraussetzt, die Arbeitsmittel und die gesamte für die Fallbearbeitung und Entscheidung notwendige Infrastruktur etwa gar zerstört, wie dies bei einem Krieg der Fall sein kann. Mit anderen Worten: Von einem Stillstand der Rechtspflege kann keine Rede sein, allenfalls von einer gewissen Stockung.

Noch mehr Fahrverbote, noch mehr Punkte

Die Sanktionen der Bußgeldkatalogverordnung werden wieder einmal verschärft. Zukünftig wird bereits bei Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 15 km/h ein Punkt im Fahreignungsregister eingetragen (bisher ab 21 km/H).
Innerorts wird zukünftig regelmäßig ein einmonatiges Fahrverbot verhängt bei mehr als 21 km/h zuviel (bisher 31 km/h). Außerorts bereits bei 26 km/h zu schnell (bisher 41 km/h).
Gründe hierfür gibt es nicht. Die Verkehrssicherheit kann es nicht sein. Noch nie gab es so wenig Verkehrstote wie 2019. Dann aber gibt es gar keine Sachgründe, die die Verschärfung allenfalls gerechtfertigt hätten. Was bleibt dann noch? Das ist halt Politik. Wenn schon kein totales Tempolimit, dann aber wenigstens die rote Karte für „Raser“. Das Auto und sein Fahrer haben es schwer in Deutschland 2020. Sie stehen auf der falschen Seite. Sind nicht mehr politisch korrekt. Niemand traut sich, sich öffentlich zu bekennen. „Freude am Fahren“, das war einmal. Heute ist es einem peinlich. In diesem Klima gedeihen Verbote, drakonische Strafen, das Schröpfen des Autofahrers. Wer sich wehrt, ist eine Umweltsau. Mindestens. Also: Klappe halten!

Cannabis und Straßenverkehr

Seit Cannabis legal konsumiert werden darf, wenn es sich um medizinisches Cannabis handelt und ärztlich verordnet ist, stellt sich die Frage der Vereinbarkeit mit dem Führen von Kraftfahrzeugen, denn eigentlich und herkömmlich lässt der regelmäßige Konsum und die fehlende Trennung von Konsum einerseits und dem Führen von Kraftfahrzeugen andererseits die Fahreignung entfallen. Maßgeblich kann in diesen Fällen auch nicht sein, in welchem Umfang THC im Rahmen einer Blutprobe im Körper festgestellt wird und insbesondere nicht, ob die bußgeldrechtlich maßgebliche Grenze von 1 Nanogramm/Milliliter überschritten wird, obwohl therapeutische THC-Konzentrationen im allgemeinen niedriger liegen dürften als bei illegalem Konsum.

Der Verwaltungsgerichtshof München hat in seiner Entscheidung vom 29. April 2019 (11 B 18.2482) entschieden, dass die Fahreignung nur dann besteht, wenn das medizinische Cannabis entsprechend der ärztlichen Verordnung eingenommen wird und im Falle von Beigebrauch von illegalem Cannabis oder Mischkonsum mit Alkohol die Fahreignung entfällt.
Interessant ist auch, welche Folgen es hat, wenn der Verstoß (die „Drogenfahrt“) vor der ärztlichen Verordnung von medizinischem Cannabis liegt. In diesem Falle hat die Fahrerlaubnisbehörde zu prüfen, ob auch durch die nachträgliche Verordnung möglicherweise die Fahreignungszweifel ausgeräumt sind, andernfalls sie „entsprechende Aufklärungsmaßnahmen“ einzuleiten hat (NJW 2019, 2419).