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Die Flensburg-Reform

Nix genaues weiß man noch nicht, aber manches deutet sich bereits an:
Die Tilgungshemmung durch Neueintrag, durch Tattagprinzip und Überliegefrist vom „Bürger“ kaum noch zu durchschauen, wird sterben. Statt dessen werden schwere Verstöße nach drei und weniger schwere nach zwei Jahren getilgt.
Es gibt keine Punktespreizung von 1-7 mehr. Nur noch entweder einen für grobe Verstöße und zwei für’s noch gröbere. Was dann wo rein gehört, da wird es spannend. Und Ultimo ist dann bei 8 Punkten. Dann ist die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bisher sind es 18, aber heute bekommt man „schnell“ (im wahrsten Sinne des Wortes) ‚mal 3 für Geschwindigkeits- und Abstandsverstöße, „braucht“ also „nur“ 6 Mal in fünf Jahren so aufzufallen und verliert die Fahrerlaubnis, die nur mit erfolgreichem MPU-Gutachten wieder neu erteilt wird. Das trifft sehr oft Berufskraftfahrer, natürlich nicht: die selten fahrende Triefnase und den Linke-Spur-Schleicher. Deshalb hört sich die Ramsauer-Reform für Flensburg für’s Erste ganz gut an. Weiterlesen

Das lange Gedächtnis Flensburgs – Tilgungsfristen

Die Regelungen über die Tilgung von Eintragungen im Verkehrszentralregister (VZR) sind zumindest hinsichtlich der Tilgungshemmung durch Vornahme weiterer Eintragungen auf dem Prüfstand. Schon der Verkehrsgerichtstag hatte vor einigen Jahren eine Reform angemahnt, die sich jetzt anbahnt. Diese Regelung erscheint besonders unbillig bei Berufskraftfahrern; Zum einen, weil diese „viel unterwegs“ sind und somit einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, sich ordnungswidrig zu verhalten und/oder dabei „erwischt“ zu werden; zum anderen, weil die ultimative Folge des Langzeitgedächtnisses von Flensburg, der Entzug der Fahrerlaubnis (bei 18 Punkten) mit den üblichen Folgen (Mindessperre für die Wiedererteilung 6 Monate und nur bei „Bestehen“ einen MPU-Begutachtung, hier besonders hart trifft.
Daher zur Erinnerung die Rechtslage bei der Tilgung de lege lata:
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Punkte in Flensburg für’s Falschparken?

Es gibt zwar eine Anlage 13 zu § 40 FeV die regelt, wofür es wieviele Punkte im Verkehrszentralregister gibt. Am Schluß steht: 1 Punkt gibt es für alle übrigen OWis, die vorher nicht seitenweise aufgezählt worden sind. Nicht übersehen sollte man aber § 28 III Nr. 3 StVG. Danach gibt es nämlich Punkte für alle Verkehrs-OWis nach § 24 StVG, Hauptsache: mindestens 40 € hat das Bußgeld betragen. Damit haben auch läppische Verkehrsverstöße, z.B. Falschparken, die Chance, richtig weh zu tun. Wenn die Bußgeldbehörde oder -nach Einspruch- das Gericht auf 40 € erhöht, etwa wegen haufenweise Voreintragungen. Mitunter weiß der Richter gar nicht, was er da tut, daß es vielleicht der entscheidende Punkt zum „alle 18“ und damit zum Entzug der Fahrerlaubnis gewesen ist.

Wunder gibt es immer wieder

Im Sommer vorigen Jahres kam ein junger Mann zu mir, den es von Norddeutschland nach Südhessen „wegen der Arbeit“ verschlagen hatte. Er komme in einer Verkehrssache. Eigentlich habe er schon einen Anwalt in Norddeutschland beauftragt gehabt, dem sei die Sache aber „zu heiß“ zumal es ein Freund seines Vaters sei.
Gut war, daß er keine Eintragungen im VZR hatte. Schlecht war, daß ihm in den Monaten März bis Juni gleich vier Fälle vorgeworfen wurden, nämlich zwei Nötigungen, eine weitere Nötigung in Verbindung mit Straßenverkehrsgefährdung und eine Abstands-OWi. Letztere schlug mit vier Punkten, die Nötigungen mit jeweils fünf und die Straßenverkehrsgefährdung mit sieben Punkten zu Buche, insgesamt also 21 Punkte. Oder besser: hätte zu Buche geschlagen. Das hätte die Fahrerlaubnis gekostet. Weiterlesen

Pflichtverteidiger im Bußgeldverfahren

Das Landgericht Mainz hat am 6.4.09 entschieden, daß dem Betroffenen ein Pflichtverteidiger auch im Bußgeldverfahren zu bestellen ist. Es ging zwar „eigentlich“ nur um ein Bußgeld von 50 € wegen eines Verkehrsverstoßes. Damit verbunden war jedoch die Eintragung von 3 Punkten in Flensburg. Wegen voreingetragener 16 Punkte hatte der Betroffene wegen Erreichens von mindestens 18 Punkten daher mit dem Entzug der Fahrerlaubnis zu rechnen. Da er Berufskraftfahrer und schon 61 Jahre alt war, ohne Fahrerlaubnis mit der Kündigung rechnen mußte und altersbedingt auch nicht ohne weiteres mit einer Neuanstellung, waren die Folgen der Verurteilung derart gravierend, daß ein Fall notwendiger Verteidigung gem § 140 II StPO vorlag (1 Qs 49/09).
Die Entscheidung ist inzwischen veröffentlicht in NZV 2009, 404.