Nachdem das Landgericht Darmstadt den Prozeßkostenhilfeantrag, stets auf der Suche nach Gefälligkeiten für den Staatsfiskus, abgelehnt hatte und das OLG diesem stattgeben mußte, terminierte man auf 8.30 Uhr, was nicht weiter erwähnenswert wäre, käme nicht das auf Antrag der bedürftigen Partei zu diesem Termin geladene halbe Dutzend Zeugen aus verschiedenen Orten in Norddeutschland, Hamburg und so, weswegen zu deren Reisekosten nun auch noch Übernachtungskosten auf Staatskosten treten werden.
Was soll’s; wenn schon widerwillig PKH, dann aber richtig!
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Beim Landgericht Darmstadt muß zum OLG wer PKH will
Ich hatte schon am 04.01., 09.02. und 10.02.10 über die restriktive Prozeßkostenhilfebewilligungspraxis des Landgerichts Darmstadt berichtet. Im vorliegenden Fall vertrat das Landgericht die Auffassung, wer vorgerichtlich 28.000 € Schmerzensgeld erhalten habe, könne auch mal ganz locker mindestens 6000 € davon für den anstehenden Prozeß auf weiteres Schmerzensgeld aufwenden, obwohl er ansonsten völlig mittellos ist.
Das OLG hat dies nicht gelten lassen (24 W 10/10). Die Entscheidung , auf die sich das Landgericht berufen habe, sei eine mehr als dreißig Jahre alte Mindermeinung. Hier wie generell gelte: Schmerzensgeld muß in keinem Fall zur Prozeßführung aufgewendet werden.
Schmerzensgeld als einzusetzendes Vermögen in der PKH
Diesmal hat das Landgericht Darmstadt Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 26.1.2010 mit der Begründung abgelehnt, die Antragstellerin müsse eigenes Vermögen einsetzen, welches sie nach eigenem Vortrag in Gestalt von vorgerichtlich gezahltem Schmerzensgeld in Höhe von 28.000 € besitze.
Da Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 22.000 € begehrt werde, entstünden lediglich Verfahrenskosten (Gericht und eigener Anwalt) in Höhe von 3000 €, so dass dieses bereits erhaltene Schmerzensgeld nur zu einem geringen Bruchteil tangiert werde. Weiterlesen
Das OLG muß es richten
Ich hatte in meinem Beitrag vom 4. Januar 2010 darüber berichtet, wie ein Einzelrichter am Landgericht Darmstadt versucht, die Justiz (und sich) vor Gewaltsopfern und deren überzogenen Ansprüchen zu bewahren.
Das Oberlandesgericht hat dem mit Beschluss vom 1. Februar 2010 (24 W 4/10) Einhalt geboten. Das OLG stellt fest, dass bereits am 11. September 2008 Prozesskostenhilfe in vollem Umfang bewilligt worden sei, die nicht nachträglich entzogen werden könne, wenn nicht die Voraussetzungen des Paragraphen 124 ZPO vorlägen. Soweit der Kläger einen Mindest- schmerzensgeldbetrag von 100.000 € im Klageantrag angegeben habe, sei dies zulässig und ohne weiteres vereinbar damit, dass er angemessenes Schmerzensgeld in der Klagebegründung in einer Größenordnung zwischen 100.000 und 400.000 € angesiedelt habe.
„Im vorliegenden Falle sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Landgericht vor umfängliche Bewilligung der Prozesskostenhilfe eine Prüfung des klägerischen Begehrens vorgenommen hätte. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wurde bis heute nicht festgesetzt. “
Das Landgericht habe nun über die Frage zu befinden, in welcher Höhe über 100.000 € hinaus ein Schmerzensgeld angemessen ist.
“ Der Vollständigkeit halber weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die ebenso anerkannte Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung einer monatlichen Geldrente (375 €) keinen Einfluss auf die Bemessung des Schmerzensgeldes haben kann. Denn ein Rentenschmerzensgeld hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt erstrebt. Sein Begehren war eindeutig auf Paragraph 843 BGB gestützt; es erfasst Schäden durch Minderung der Erwerbsfähigkeit und durch Vermehrung der Bedürfnisse (Klageschriftseite 8-10). Paragraph 843 BGB regelt einen Fall des materiellen Schadens. „
Das mittellose Gewaltopfer und sein Anwalt
Der Kläger wurde regelrecht abgestochen und wird zeitlebens querschnittsgelähmt bleiben. Für die Schadenersatzklage erhält der Kläger Prozeßkostenhilfe. Das Gericht empfahl dem Beklagten, den Anspruch durch notarielle Urkunde anzuerkennen, was dieser auch tat. Die Empfehlung spart dem Staatsfiskus viel Geld. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers, dem von der Rechtslage die umfassende und detaillierte Darlegung sowohl der anspruchsbegründenden als auch der anspruchausfüllenden Tatsachen auferlegt ist, wird als Lohn für seine Arbeit im Umfang von ungefähr acht Stunden bei einem Streitwert von über 300.000 € erhalten: 254,15 € netto.
Das Vorgehen des Gerichts ist auch ein Beitrag zum Opferschutz. Wenn das Schule macht, wird es einem mittellosen Opfern von Gewalttaten schwer fallen, einen Anwalt zu finden, der ihm bei der Durchsetzung seiner Schadenersatzansprüche beisteht.