Die vorangehende Strafverhandlung hatte Verspätung, weswegen man hinten Platz nahm und Öffentlichkeit war. Der dortige Angeklagte war von Aussehen, Haartracht und Kleidung Jamaikaner. Er sprach Englisch mit ein paar eingestreuten Wörtern deutsch. Wenn er etwas nicht verstand, wandte er sich hilfesuchend an den neben dem Richter sitzenden Referendar, der augenscheinlich in die englische Sprache übertrug. Augenscheinlich deswegen, weil man hinten nichts von dem verstand. StA beantragte vollstreckbare Freiheitsstrafe, Verteidiger (ja, den gab es!) Freispruch. Schlussworte des Angeklagten in Englisch. Urteil: 9 Monate „ohne“. In Bensheim am 17.04.2012.
Ich habe einmal vor mehr als 5 Jahren als Verteidiger ähnlich gehandelt. Ein taub gewordener Angeklagter, der die Gebärdensprache nicht verstand, aber lesen konnte. So hätte jedes gesprochene Wort in der HV ihm aufgeschrieben werden müssen, ein Riesenaufwand. Mit dem Gericht und StA hatte ich mich damals im Vorfeld geeinigt, dass wir es – hart am Rande der StPO – verhandeln, er dafür aber nur eine Verwarnung mit Strafvorbehalt für eine an sich saftige Straftat bekommt. So wurde es dann auch durchgezogen. Das war ein guter Deal.
Und dabei gäbe es doch sicher genügend Rechtsanwälte, die Englisch sprechen. Schade.