Archiv für den Monat: Juni 2010

Ein Parteisoldat wird Bundespräsident

Na und, werden viele sagen, nicht das erste Mal. Ist doch schön, daß es sich auch einmal ganz persönlich für jemanden gelohnt hat, mit 16 Jahren in die CDU eingetreten zu sein. Das war im Falle unseres neuen Staatsoberhauptes, wie das so häuptlingshaft ausgedrückt zu werden pflegt, im Jahre 1975. Very deep in der alten Bundesrepublik. Okay, einerseits war Willy Brandt schon jedenfalls kein Kanzler mehr, andererseits gehörten Figuren wie Kiesinger und Lübke erst seit ein paar Jahren der Parteivergangenheit an; aber es soll Jugendliche gegeben haben, die anderes für richtig hielten, als damals ausgerechnet der CDU beizutreten. Was sind das für Kerle, die mit 16 „konservativ“ sind? Dafür hält das spätere Leben doch reichlich Gelegenheiten bereit. Und durchgehalten hat er bis heute, der treue neue Bundespräsident, God save him! Den Lieblingsschwiegersohn der Nation, er wird’s allen Recht machen, ganz bestimmt!

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Gut Ding will Weile haben

Der Kollege Hoenig kritisiert mit Recht und guten Argumenten den Artikel in der Zeit, in dem die Verteidigung Kachelmanns als zu soft eingeschätzt worden ist. Ein seriöser Journalist sollte nicht versuchen, das von außen zu beurteilen. Was wann richtig und zu tun ist, wissen Birkenstock und Kachelmann. Ich orakele, er ist draußen, bevor die WM vorbei ist.

OLGe uneinig über Beweisverwertungsverbote bei Videoüberwachung

Beweisverwertungsverbot bei Videomessung. Wie ist der Stand?
Bei anlassunabhängiger personenbezogener Videoaufzeichnung (VKS) haben das OLG-Dresden am 2.2.10 (Ss OWi 788/09), das OLG Hamm am 22.12.09 (1 Ss OWi 960/09) und das OLG Oldenburg am 27.11.09 (Ss Bs 186/09) Verwertungsverbote postuliert. Bezüglich ViBrAM gibt es bisher nur die Entscheidung des OLG-Düsseldorf vom 9.2.10 (NJW 2010,1316). In den jüngeren Entscheidungen zweier anderer Senate des OLG Düsseldorf wird diese als „Einzelrichterbeschluss“ abgekanzelt, dem „in keinem Punkt zu folgen“ sei. Bemerkenswert bei einer Entscheidung, die sich in der NJW über vier Seiten erstreckt. Natürlich sei § 100h StPO gesetzliche Eingriffsermächtigung (auf den war das BVerfG am 11.8.09 irgendwie nicht gekommen) und die Sache sei auch nicht an den BGH gem. § 121 GVG vorlagepflichtig, weil eine Divergenz bzgl ViBrAM nur innerhalb des OLG Düsseldorf, nicht aber zu den übrigen OLGen bestehe (OLG Düsseldorf IV-1 RBs 23/10 vom 15.03.10,  4 RBs 143/09 vom 05.05.10).

Weswegen § 100h StPO, zu Observationszwecken bei nicht unerheblichen Straftaten geschaffen, eine geeignete Eingriffsermächtigung darstellen soll, dafür gibt es auch in den beiden letztgenannten Entscheidungen des OLG Düsseldorf keine überzeugende Begründung. Letztlich wird wieder das BVerfG Klarheit schaffen müssen

Freispruch für Anwalt durch BGH

Wie der heutigen Presseerklärung des BGH zu entnehmen ist, hat dieser den vom Landgericht Fulda wegen versuchten Totschlags verurteilten Medizinrechtler freigesprochen, der einer Angehörigen geraten hatte, der nur noch künstlich am Leben gehaltenen den Versorgungsschlauch für die künstliche Ernährung zu kappen.  Dies hatte deren Wunsch entsprochen. Dann sei auch aktives Tun gerechtfertigt und es handele sich auch nicht um eine Tötung auf Verlangen (2 StR 454/09).

Amtsgericht Borken II

Ich hatte vor ein paar Tagen berichtet über die Einspruchsverwerfung in einem Bußgeldverfahren vor dem Amtsgericht Borken. Nachdem der Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war, liegt nun die dienstliche Erklärung vor. In entwaffnender Offenheit räumt der Richter ein, angenommen zu haben, der Betroffene müsse sich gem. § 73 III OwiG im Termin von einem Verteidiger vertreten lassen. Nachdem dieser nun ebensowenig wie der Betroffene erschienen sei, habe er „keine andere Möglichkeit gesehen, als den Einspruch zu verwerfen“.

Danach wird der Richter wohl nicht befangen sein. Unwissenheit ist kein Befangenheitsgrund. Aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gewährt werden müssen.

Kein Pflichtverteidigerwechsel bei Gebührenverzicht

Burhoff weist auf eine Entscheidung des OLG Naumburg (2 Ws 52/10)  vom 14.04.10 hin, wonach ein Pflichtverteidigerwechsel nicht mit der Begründung bewilligt werden könne, der „neue“ Pflichtverteidiger habe auf die bereits bei dem „alten“ Pflichtverteidiger entstandenen Gebühren verzichtet, weil auf diese von Rechts wegen nicht verzichtet werden könne. Die Entscheidung dürfte dem Bemühen zuwider laufen, den Wechsel in Haftsachen eher zu erleichtern, nachdem bei Inhaftierung dem Beschuldigten inzwischen sogleich ein Pflichtverteidiger beizuordnen ist, was gelegentlich der Sorgfalt bei der Auswahl desselben nicht förderlich ist.

Justizminister planen Fahrverbote für alles mögliche

Die Justizministerkonferenz habe sich auf die Ausweitung der Nebenstrafe des Fahrverbotes aus § 44 StGB verständigt. Hört, hört! Welch gerechte Sache! Vor allem denjenigen gegenüber, die gar keine Fahrerlaubnis besitzen. Getroffen werden soll der Normalbürger, der täglich zur Arbeit fährt. Dem tut das Fahrverbot richtig weh. Und wie beim Ablaßhandel, der vor fünfhundert Jahren auch dem Sünder den Einzug ins Himmelreich ermöglichte und daher solch humorlose Fanatiker wie Luther und Melanchthon auf den Plan rief, wird dem Täter die Möglichkeit eingeräumt werden, sich von dieser zu seiner Tat in keinerlei Zusammenhang stehenden Rechtsfolge freizukaufen.  Der Sinn der Ausweitung von Fahrverboten auf Delikte außerhalb des Straßenverkehrs ist ein sachfremder! Er dient nur einer Sache. Der legalisierten Ausplünderung und wird den treffen, der eh von Staats wegen zur Ausplünderung freigegeben ist, wie es bei Neil Young heißt: the ordinary people, the hard working people.

„Recht ist was vor Arbeit schützt“ am Amtsgericht Borken

In einer Bußgeldsache vor dem Amtsgericht Borken hatte ich für den Betroffenen die Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen beantragt. Dies wurde damit begründet, dass der Betroffene die so genannte Fahrereigenschaft einräume und im übrigen nicht zur Sache und zur Person aussagen werde. Der Richter rief daraufhin bei mir an und sagte, hierüber werde er dann im Termin entscheiden. Ich nahm dies zur Kenntnis und äußerte noch Verständnis dafür, denn ein im Termin dann trotz Dispensierung erscheinender Betroffener, der dann keine Angaben zur Sache macht, stellt das Gericht vor das Problem, wegen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes die schriftliche Äußerung, wonach die Fahrereigenschaft eingeräumt werde, nicht verlesen zu können. Weiterlesen

Nachbesichtigung des Fahrzeugs durch Haftpflichtversicherer

Im Hafttpflichtschadensfall wünschen die Versicherer gerne die Nachbesichtigung des unfallbeschädigten Fahrzeugs des Geschädigten, obwohl dieser bereits ein Schadensgutachten eines Sachverständigen vorgelegt hat. Dem muß der Anspruchsteller nur nachgeben, wenn von dem Versicherer Gründe für das Begehren vorgetragen werden, etwa weil Anhaltspunkte für Vorschäden vorhanden sind oder weil der ausgewiesene Schaden nicht zum Unfallgeschehen paßt. Ansonsten kann das Nachbesichtigungsverlangen abgelehnt werden.