Archiv für den Monat: September 2009

Schmoren bis in die Nacht

Die beiden Verteidiger waren so ca. 500 km zum Termin gefahren. Am Nachmittag meinte der eine, er frage jetzt mal den Vorsitzenden, ob er nicht bald Schluss machen könne, sie hätten doch beide morgen ganztägige Gerichtstermine und müßten ja auch noch die weite Strecke fahren. Der andere fand die Idee gut, bat aber darum, den Vorsitzenden das mit den morgigen Terminen nicht wissen zu lassen. Sonst lasse man sie hier bis in die Nacht schmoren. Wenn man weg wolle, dann tue man besser so, als habe man alle Zeit der Welt.

BMJ a.D.

Ob beim Anwaltverein Darmstadt und Südhessen e.V. nicht bekannt war, daß am 27.09.09 der Bundestag gewählt wird?
Für den 29.10.09 zur Feier des 60jährigen Bestehens des Vereins „Bundesjustizministerin“ Brigitte Zypries anzukündigen, war jedenfalls optimistisch.

Nachtrag: am 27.10.2009 hat Brigitte Zypries die Entlassungsurkunde erhalten.

Fachanwalt für geringen Streitwert?

Nimm es mir bitte nicht übel, lieber Unfallgeschädigter, daß ich dieses Mandat abgelehnt habe. Aber ein dezent eingedelltes Nummernschild zum Neupreis von 14 € bei dem Pflichthaftplichtversicherer des Verursachers mit anwaltlicher Hilfe geltend zu machen, erschien mir dann doch etwas läppisch.
Der Streit hätte sich auf die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten (etwa das dreifache besagter 14 €) verlagert, siehe hierzu Himmelreich/Halm, Hdbch FA VerkehrsR, Kap 6 RN 16).

Nochmals: Terminsnot des Verteidigers

Der BGH hatte Anlaß zu folgendem Hinweis: „…daß es bei der grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden stehenden Terminierung nicht darum geht, Terminswünsche des Wahlverteidigers zu bedenken, sondern das Recht des Angeklagten, sich von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, infrage steht. Es muß seitens des Gerichts bei der Planung der Hauptverhandlung wenigstens ernsthaft versucht werden, diesem Recht Geltung zu verschaffen. Dies verbietet es in der Regel, Terminsnöte zumal, wie hier, kompromissbereiter Wahlverteidiger ohne weiteres zu übergehen.“ (5 StR 181/09 vom 24.06.2009, StraFo 2009, 386; NStZ 2009, 650).
(Siehe auch meine Beiträge vom 18.03., 27.03., 13.05. und 10.06.2009)

Automatisierte Videoüberwachung und Abstands- bzw. Geschwindigkeitsverstöße

Ich hatte am 21.08.09 bereits über die Entscheidung des BVerfG vom 11.08.09 (2 BvR 941/08) berichtet. Die Entscheidung wird nun intensiv besprochen und interpretiert (z.B. NJW-Spezial 2009, 603). Das Amtsgericht Groß-Gerau vertritt hier in einem richterlichen Hinweis vom 18.09.09 eine sehr weitgehende Auffassung und regt in einem dort anhängigen Bußgeldverfahren wegen einem Abstandsvergehen die Einstellung bei voller Kostenlast zu Lasten der Staatskasse an. Es heißt dort: „Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts liegt ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor, für den eine gesetzliche Grundlage fehlt. Dies führt zu einem Beweiserhebungsverbot, woraus in der Regel ein Beweisverwertungsverbot folgt.“
Konsequenz: Derzeit sollte gegen alle Bußgeldbescheide bei Abstands- und Geschwindigkeitsverstößen, die aufgrund von automatisierten Videoüberwachungen ergehen, Einspruch eingelegt werden.

Kinder sind die besseren Kriminalisten

Mit dem 8jährigen bei der Polizei, weil jemand mein abgeparktes Auto beschädigt hat. Dabei das Fahndungsplakat „Terroristen“ bewundert. Mein Sohn kennt einen von denen. Habe ihn vorhin im Weiherhausstadion gesehen. Nur ohne Bart.
Am nächsten Tag berichtet die Nachbarin von einem Vandalismusschaden an ihrem neuen, laternenparkenden  Auto. Als sie weg ist, mutmaßt er, das sei vielleicht der Typ vom Plakat gewesen.

Gestern in Gera … (Teil 5)

… gab es keine Wackeltische und Stapelstühle mehr. Alles war umgeräumt. Es geht doch.
Einen der Angeklagten hatte keiner der Zeugen je zu Gesicht bekommen. Ob er Täter ist, versucht das Gericht anhand einer Tonbandaufnahme zu klären, die ein Zeuge mitgebracht hat. Es handelt sich um auf seinen Anrufbeantworter aufgesprochene Texte eines Anrufers. Daß dieser den Zeugen nun nach und nach vorgespielt wird, dem hatte die Verteidigung widersprochen. Sie hatte argumentiert, was sei denn anderes zu erwarten, als daß die Zeugen, die zuletzt vor 6 Jahren mit dem potentiellen Stimmengeber telefoniert hatten, nun es jedenfalls für möglich halten, mit eben dieser „Stimme“ gesprochen zu haben. Die Verteidigung hatte eingewandt, analog zur Wahllichtbildvorlage müsse den Zeugen eine Auswahl mehrerer, unterschiedlicher Stimmen vorgespielt werden. Die Kammer hat dies abgelehnt. Es sei Sache der Beweiswürdigung. Anders der BGH im 40. Bd. S 66, wonach beim Stimmenvergleich nichts anderes als bei Wahlgegenüberstellungen (§ 58 StGB) gelte.

Gestern in Gera … (Teil 4)

… waren wir mal in einem anderen als dem üblichen Schwurgerichtssaal, nämlich im „101“. Wir kannten ihn schon vom ersten Verhandlungstag vor Monaten. Dort war damals nur die Anklage verlesen worden und die Sitzung auch schon wieder beendet. Diesmal dauerte es länger. Und diemal störten auch die Mängel, die beim ersten Mal nur aufgefallen waren. Leider hatte man daran in den vergangenen Monaten nichts zu ändern für nötig gehalten.
Da ist zunächst die „Bank“ der Angeklagten und der Verteidiger. Die ist kaputt, irgendwie oder irgendwas aus der Verankerung gerissen. Deshalb schwankt sie, wenn sich, zum Beispiel beim Blättern in der Akte oder beim Schreiben jemand drauflehnt. Heute saßen drei Angeklagte und fünf Verteidiger dran. Man fühlte buchstäblich in der Magengegend was der Spruch bedeutet, man sei vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand.
In  beiden Fällen möchte man an die Reling treten und … 
Außerdem waren wir mit dieser schwankenden Bank dicht an der Wand plaziert, obwohl sich zwischen uns und dem Gegenüber, der Anklagebank, gähnende ca. 7metrige Leere ausbreitete. Erschwerend kam hinzu, daß man hinter unsere bleischweren Sessel noch eine lückenlose Reihe von Stapelstühlen direkt an die Wand – mir fehlen die Worte – sagen wir: drapiert hatte. Weil ständig an der Richterbank irgendwas „in Augenschein“ zu nehmen war, quälte man sich von seiner Schwankbank nun, eingekeilt von dem Gestühl der diese herumrückenden Nachbarn, von den Stapelstühlen und den eigenen und fremden Aktenkoffern, auf unwegsamem Gelände nach vorne und war genervt. Die „Beschwerde“ kommentierte einer der recht unzähligen Justizwachtmeister mit: „Morgen ist alles anders.“
Ich bin gespannt. Denn morgen ist heute und heute sind wir schon wieder in Gera.

Das Schlimmste

Gestern mit dem Sohn im Kino. Wickie und die starken Männer. Kämpften erfolgreich gegen Sven den Schrecklichen, dem Günter Kaufmann sein unverwechselbares Gesicht gab. Der rief den Siegern, an einem Strande stehend, allerlei Verwünschungen nach. Unter anderem: „Ich zeig´dich an!!!“

siehe hierzu auch den Aufsatz  von Joachim Kretschmer, Gilt das Strafrecht zwischen Straftätern?, StraFo 2009, 189)

Ordnungswidrige Telefonwerbung

Seit dem 29.07.09 (BGBl. I 2009, 2413) handelt ordnungswidrig gem. § 7 II 2 UWG, wer gegenüber einem Verbraucher Telefonwerung betreibt, ohne, und das ist neu, vorherige ausdrückliche Einwilligung.
Gem. § 20 UWG ist der Verstoß mit Bußgeld bis zu 50.000 € bedroht. Für die Verfolgung zuständig ist die Bundesnetzagentur.
Gem. § 102 II TKG dürfen die Rufnummern  nicht unterdrückt werden, was die Anzeige, die selbstverständlich auch bei der Polizei erstattet werden kann, erleichtern dürfte.