Archiv für den Monat: November 2008

Die im Dunkeln sieht man nicht

Der Mandant ist Junkie und finanziert die Sucht mit Wohnungseinbruchsdiebstählen. Er ist vielfach deswegen vorbestraft und hat schon Jahre im Knast verbracht. Auch derzeit sitzt er ein. Mittels DNA-Analysen hat man an verschiedenen Tatorten Spuren von ihm gefunden. Drei Einbrüche aus dem Jahre 2005 werden ihm zur Last gelegt. Er erinnert sich nicht daran, meint, es könne sein. In der ersten Instanz vor dem Amtsgericht Frankfurt wird er daher zu 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Weiterlesen

Bewährung für Klar

Eine lebenslange Freiheitsstrafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn mindestens 15 Jahre verbüßt sind und wenn dies unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit verantwortet werden kann (§§ 57, 57a StGB) Bei Klar hatte die Strafvollstreckungskammer, nachdem er 15 Jahre verbüßt hatte, eine Gesamtverbüßungszeit von mindestens 26 Jahren festgelegt, weil bei ihm  eine besondere Schwere der Schuld vorlag, die eine Entlassung nach 15 Jahren verbot.
Diese Zeit ist nun abgelaufen. Weiterlesen

Entziehung der EU-Fahrerlaubnis durch Führerscheinstelle

Grundsätzlich kann die Führerscheinstelle die Faherlaubnis aus dem EU-Ausland nicht entziehen. Ist sie der Meinung, diese sei nicht ordnungsgemäß erteilt, kann sie mit Bescheid feststellen, daß der Betroffene nicht berechtigt ist, diese im Inland zu nutzen.
Anders ist die Lage aber, wenn seit der Erteilung neue Tatsachen entstehen, die zur Entziehung berechtigen. Im vom VGH Mannheim entschiedenen Fall hatte die Führerscheinstelle wegen Cannabiskonsums eine MPU angeordnet. Der Betroffene hatte dies ignoriert. Die daraufhin ergangene Entziehung der tschechischen Fahrerlaubnis hat der VGH nun als rechtmäßig angesehen (NJW 2008, 3512).

Begleitstoffanalyse

Häufig wird, wenn sich die Möglichkeit ergibt, bei dem Vorwurf einer Trunkenheitsfahrt behauptet, man habe Alkohol erst nach der Fahrt getrunken (Nachtrunkbehauptung). Sollen dies etwa ingendwelche Cognacs gewesen sein, läßt sich die Blutprobe in der Gerichtmedizin überprüfen. Selbst wenn man tatsächlich Cognacs, wenn auch vor der Fahrt, getrunken hat, kann durch die Begleitstoffanalyse häufig nachgewiesen werden, daß dies nicht vor relativ kurzer Zeit, nämlich nach der Fahrt, gewesen sein kann. Damit wird die gesamte Nachtrunkbehauptung unglaubhaft.

Motorradfahrer fahren zu schnell und sind überhaupt böse!

So könnte man ein Urteil des Landgerichts Darmstadt übersetzen. Der Motorradfahrer fuhr auf der Vorfahrtsstraße durch Gernsheim. An einer Kreuzung kam von rechts ein Auto und fuhr sehr langsam auf die Hauptstraße vor dem Motorrad auf. Der Motorradfahrer fuhr auf die linke Spur, um zu überholen.  Da setzte das Auto an, sogleich wieder nach links abzubiegen. Auf der linken Spur kam es zur Kollision. Der Motorradfahrer wurde schwer verletzt. Weiterlesen

Trunkenheitsfahrt und Schuldfähigkeit

Betrunken zu sein ist an sich nicht strafbar, nur, wenn man dabei am Straßenverkehr teilnimmt. Ansonsten spielt Alkohol im Strafrecht im Zusammenhang mit der Schuldfähigkeit, die erheblich vermindert oder aufgehoben sein kann, eine Rolle.
Beide Aspekte können auch zusammenfallen. Das OLG München (NJW-Spezial 2008, 683) hat die Verurteilung eines Amtsgerichts aufgehoben, weil bei einer rückgerechneten Alkoholisierung von 2,45 Promille die Schuldfähigkeit nicht einmal überprüft worden war.
Hat sich der Richter bei hoher Alkoholisierung aber mit dieser Frage auseinandergesetzt, wird regelmäßig bei selbst verschuldeter Alkoholisierung (BGH-NJW 2003, 2394) eine Strafmilderung kaum in Betracht kommen.

Schätzung der Geschwindigkeit und Fahrverbot

Das OLG Karlsruhe (NZV 2008, 586) hat ein amtsgerichtliches Urteil aufgehoben, mit dem ein Autofahrer zu einem zweimonatigen Fahrverbot verurteilt worden war. Die Zeugen waren sogn. Meßbeamte der Kommune und hatten die gefahrene Geschwindigkeit auf 70 km/h geschätzt. Weiterlesen

Fahruntüchtigkeit und Ausfallerscheinungen

Drogenbedingte Ausfallerscheinungen müssen die psycho-physische Leistungsfähigkeit, insbesondere die Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit sowie die Risikobereitschaft beeinflussen. Ist dies nicht belegbar, liegt eine strafrechtlich relevante Fahruntüchtigkeit nicht vor. Bei einem Heroinabhängigen auf Entzug genügt es nicht, wenn das Gericht feststellt, es hätten die Hände gezittert, ihm sei übel gewesen, er habe Schweißausbrüche gehabt und sich nicht konzentrieren können BGH-NJW-Spezial 2008, 682).

Verwertungsverbot wenn Anwalt verlangt aber nicht bekommen

Spätestens seit BGH-St 38, 214 müßte jedem Ermittlungsrichter klar sein, daß er den Beschuldigten nicht einfach weiter fröhlich drauf los vernehmen kann, wenn dieser nach einem Anwalt verlangt. Die Belehrungspflicht ergibt sich aus § 136 StPO. Sie ist freilich keine Leerformel so nach dem Motto: ich belehre sie, daß sie einen Anwalt verlangen können, aber wenn sie es tun, kriegen sie trotzdem keinen.  Weiterlesen

Sichtfahrgebot

Das Sichtfahrgebot ist in § 3 I 4 StVO definiert: „Er (der Fahrzeugführer) darf nur so schnell fahren, daß er innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten kann.“ Bei ungünstigen Sichtverhältnissen nachts auf Außerortsstraßen, womöglich im Wald und bei Nebel, kann dies grundsätzlich eine Geschwindigkeiten ergeben, die weit unter der allgemein örtlich zugelassenen Geschwindigkeit liegt, die eben nur bei günstigen Sichtverhältnissen gilt. Weiterlesen