Richter am Amtsgericht Lüdinghausen Carsten Krumm meint in der NJW 2012, 1860 (1862), dass eine Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 24a I StVG erfolgen könne, wenn bei dem Betroffenen sowohl eine Blutprobe entnommen als auch eine Atemalkoholkontrolle durchgeführt worden sei, und nur ein Messergebnis den Tatbestand des § 24a I StVG erfülle. Denn „beide Messverfahren sind nach dem Gesetz gleichwertig“.
Dies mag wohl so sein. Wie der Richter aber im Lichte des Zweifelsgrundsatzes zu der Überzeugung gelangen will, der Verstoß sei bewiesen, wenn die Blutprobe gegenteiliges belegt, teilt Krumm nicht mit.
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Richtervorbehaltsdämmerung bei der Blutprobe
Nachdem die Strafverfolger den Richtervorbehalt in § 81a StPO beharrlich ignoriert hatten und seine Befolgung vom BVerfG (zuletzt NJW 2010, 2864) eingefordert werden mußte, hat sich die Praxis damit zwar abgefunden, erhebt nun aber an den Gesetzgeber die Forderung, den Richtervorbehalt einfach zu streichen (so RiOLG Dr. Jens Peglau, NJW 2010, 2850 (2852). Es handele sich um einen „minimale(n) körperliche(n) Eingriff“ (a.a.O.), der keines Richtervorbehaltes bedürfe.
Nachtrag vom 08.10.10: Burhoff hat den Begriff der Richtervorbehaltsdämmerung aufgenommen und hierzu in Bezug auf eine niedersächsiche Gesetzesinitiative berichtet.
BVerfG zum Richtervorbehalt in § 81a StPO
Die neue Entscheidung des BVerfG zu § 81a StPO (NJW 2010, 2864).
Verwertungsverbot bei polizeilicher Blutentnahmeanordnung (OLG Schleswig)
In dem vom Schleswig-Holsteinischen OLG entschiedenen Alltagsfall (StraFo 2010, 194) hatte die Polizeibeamtin bei einem Autofahrer so gegen 12.00 Uhr mittags, welchen Wochentags wird nicht mitgeteilt, den Verdacht, er habe sein Fahrzeug unter dem Einfluss von Drogen geführt. Sie wußte (wie jeder Polizist), daß eine Blutprobe nur von einem Richter angeordnet werden darf (§ 81a StPO), wenn nicht die Gefahr besteht, daß dann der Beweis verloren geht oder erheblich erschwert wird. Trotzdem veranlaßte sie die Blutentnahme durch einen Arzt, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, dies richterlich anordnen zu lassen. Weiterlesen
Präsident des AG: bei Blutprobe stets Gefahr im Verzuge
Es führt zu einem Verwertungsverbote der Blutprobe, wenn der diese anordnende Polizeibeamte sie aufgrund einer ihm von einem Richter erteilten generellen Befugnis veranlaßt (OLG Oldenburg-NJW 2009, 3591). Im entswchiedenen Fall hatte ein Amtsgerichtspräsident in einem Telefonat am 2.4.08 mit dem Polizeipräsidenten „eindringlich“ darauf hingewiesen, daß bei Blutproben stets, egal ob bei Tage oder in der Nacht, die Eilkompetenz der Polizei bestehe. Daran hielt sich die Polizei, woraufhin das OLG ein auf eine derartig zustande gekommene Blutprobe gestütztes Urteil aufhob und den Angeklagten freisprach.
(siehe auch meinen Beitrag vom 20.11.09)
Polizei hat Richtervorbehalt bei Blutprobe zu kennen
Bekanntlich hat das BVerfG (NJW 2008, 3053) auf die weithin rechtswidrige Praxis aufmerkam gemacht, wonach es dem Gesetze nach (§ 81a StPO) originäre Aufgabe des Richters ist, körperliche Untersuchungen und Blutproben des Beschuldigten anzuordnen. Nur bei Gefahr im Verzuge soll dies auch der Staatsanwaltschaft und der Polizei gestattet sein. In der Praxis ist dies bis zu dieser Entscheidung immer contra legem von der Polizei angeordnet worden. Ein Verstoß begründet nach der Entscheidung des BVerfG aber nur dann ein Beweisverwertungsverbot, wenn Gefahr im Verzug willkürlich angenommen wurde und bewußt die Verwirklichung des Richtervorbehalt vereitelt worden ist. Das war regelmäßig nicht der Fall.
Nun aber hat das KG Berlin entschieden, „daß mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur zitierten Entscheidung des BVerfG die Annahme, die anordnenden Polizeibeamten hätten in schlichter Unkenntnis ihrer Pflichten und daher nicht willkürlich gehandelt, nicht mehr ohne weiteres wird aufrechtzuerhalten sein wird“ (KG-NJW, 2009, 3527; NZV 2009, 571).
Blutprobe nur bei richterlicher Anordnung
Dies gilt gem. § 81a II StPO jedenfalls grundsätzlich. Nur bei Gefahr im Verzuge darf die Blutprobe auch durch einen Staatsanwalt oder Polizisten angeordnet werden. Allerdings muß dieser zuvor versucht haben, eine richterliche Anordnung zu erlangen. War dies nicht möglich, muß er die Gründe, weswegen er von Gefahr im Verzuge ausging, in der Ermittlungsakte dokumentieren. Die Rechtsprechung nimmt ein Verwertungsverbot des Ergebnisses der Blutprobe nur dann an, wenn willkürlich gegen diese Regeln verstoßen und/oder ein besonders schwerwiegender Verfahrensfehler vorlag. Jedenfalls setzt die Unverwertbarkeit immer einen Widerspruch gegen die Verwertung in der Hauptverhandlung voraus (BVerfG-NJW 2007, 1345; OLG-Hamburg-NJW 2008, 2597; LG Itzehoe-NJW 2008, 2601).