In einem Beschluss vom 04.06.09 hat das Landgericht Darmstadt einen Hauptverhandlungstermin vor dem Schöffengericht Bensheim aufgehoben ( 3 Qs 309/09). Über die Vorgeschichte hatte ich im meinem Beitrag „Die terminliche Verhinderung des Verteidigers“ vom 13.05.09 bereits berichtet. Das Landgericht führt aus: „Ob über die Erklärung eines Verteidigers seiner Urlaubsabwesenheit hinaus eine Buchungsbestätigung verlangt werden kann, erscheint schon sehr zweifelhaft… Entscheidend ist vielmehr, daß auch dem Verteidiger ein Urlaub zusteht und in diese Zeit keine Termine gelegt werden sollen…. es ist nicht erkennbar, daß das Amtsgericht seine Terminierung hierauf nicht einrichten konnte… Ohnehin ist eine besondere Eilbedürftigkeit nicht zu erkennen, nachdem die Anklage bereits am 08.09.2008 beim Amtsgericht einging.“
Bensheim ist nicht Athen. Also müssen die Eulen halt mittels Beschwerdekammer dorthin getragen werden.
Schönen Feiertag!
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Die terminliche Verhinderung des Verteidigers
Beantragt man beim Vorsitzenden des Schöffengerichts Bensheim Verlegung eines Hauptverhandlungstermins, der in den Sommerferien liegt und natürlich – wie immer – nicht mit dem Verteidiger abgesprochen war, weil man sich im Auslandsurlaub befindet, erhält man zur Antwort: „Verlegungsanträge können in der Regel dadurch vermieden werden, wenn die Verteidigung nicht aus den Augen verliert, dass sie Mitglied der Rechtspflege ist“ (sic!) und wird wie folgt aufgefordert, eine Buchungsbestätigung eines Reisebüros o.ä. vorzulegen: „Da die Verteidigung im hier anhängigen Verfahren bereits in anderen Fällen* durch unbegründete Verlegungsanträge aufgefallen ist (sic!), kommt eine erneute Verlegung lediglich dann in Betracht, wenn die behauptete Verhinderung durch Vorlage einer Buchungsbestätigung glaubhaft … dargetan wird.“ Hat man die Buchungsbestätigung noch gar nicht, weil man zwar weiß, daß und wo man Urlaub machen wird, aber hat halt noch nicht gebucht, legt man, alleine um sinnlose Nebenkriegsschauplätze zu vermeiden, die Bestätigung dann nachträglich vor, nachdem man gebucht hat.
Darauf erhält man zur Antwort, dies bestätige nur den Verdacht, daß zum Zeitpunkt der Terminsanberaumung noch nichts gebucht gewesen sei. Wie könne der Verteidiger eine Reise buchen, wenn das Gericht einen Termin anberaumt habe. Man schreibt zurück und legt schon einmal vorsorglich Beschwerde gegen die zu erwartende Nichtverlegung des Termins ein. Mal sehen, wie die Beschwerdekammer, die um ihre Arbeit nicht zu beneiden ist, diesmal entscheiden wird (siehe auch meinen Beitrag „Terminsverlegungspflicht“ vom 04.11.08, „Quod licet… vom 17.02.09, Jupiter und Stier (wobei es wohl eher „Ochse“ heißen müßte) vom 27.03.09) und „Landgericht Darmstadt bescheinigt Verteidiger Recht auf Urlaub“ vom 10.06.09.
* in diesem Verfahren war ein Verlegungsantrag wegen Urlaubs gestellt und problemlos positiv beschieden worden. So unbegründet wird der Antrag dann ja nicht gewesen sein.
Quod licet jovi, non licet bovi!
Ja, was dem Jupiter zusteht, darf der Stier noch lange nicht. Als Verteidiger beim Schöffengericht in Bensheim beantragte ich Verlegung eines nicht mit mir abgestimmten Termins, weil meine Frau ungefähr an diesem Tag unser zweites Kind bekommt. Ich bat darum, in einem Zeitraum von zwei Wochen nicht zu terminieren. Der Vorsitzende des Schöffengerichts lehnte den Antrag ab. „Beim besten Willen (könne er) keine Rücksicht auf die Beschäftigungsstrukturen in mittelständischen Kanzleien nehmen“.
Das ist die Art, wie manche in der Justiz meinen, mit dem Bürger oder einem unabhängigen Organ der Rechtspflege umspringen zu dürfen. Der Anwalt hat anzutanzen und mit den Gedanken ganz bei der Sache zu sein, während seine Frau im Krankenhaus liegt und ein Kind bekommt.
Gegen die Ablehnung ist Beschwerde eingelegt, die ausnahmsweise entgegen § 305 StPO zulässig ist und – hoffentlich – auch durchgeht. Auf die Entscheidungen OLG-Ffm-StV 2001, 157; OLG Nbg-StV 2005, 491 und BGH-NJW 2006, 278 wurde hingewiesen.
Terminverlegungspflicht bei Verhinderung des Verteidigers
Die Terminbestimmung des Strafrichters ist sein ureigenes Recht. Er muß den Termin mit keinem Verfahrensbeteitigten abstimmen. Tut er es auch nicht und ist der Verteidiger wegen eines anderen Termins verhindert, muß er aber den Termin verlegen. Lehnt er dies ab, kann dagegen Beschwerde eingelegt werden, weil der Angeklagte unzulässig in seinem Recht beschränkt wird, sich seines Vertrauensverteidigers zu bedienen. Im Hinblick auf die inzwischen doch recht einhellige Rechtsprechung (aktuell: LG Braunschweig-StraFo 2008, 430) ist bei abgelehnter Terminsverlegung stets auch zu prüfen, ob nicht die Besorgnis der Befangenheit des Richters begründet ist.