Archiv für den Monat: März 2009

Keine erhöhte Geldbuße statt Punkten in Flensburg

Das OLG Hamm (NJW 2009, 1014; NZV 2009, 156) hat mangels gesetzlicher Grundlage eine amtsgerichtliche Entscheidung, in der das Bußgeld verdoppelt und „angeordnet“ wurde, „daß der Punkt im Verkehrszentralregister entfällt“ aufgehoben.
In § 28 III 3 StVG ist die Eintragung zwingend vorgeschrieben. Eine Analogie zu § 4 IV BKatV, der dies beim Fahrverbot ermöglicht, ist mangels Regelungslücke unstatthaft.

Strafvollstreckungskammer entscheidet gegen Staatsanwaltschaft und JVA

Aus einer Entscheidung der Strafvollstreckungskammer Darmstadt vom 24.03.2009 (1e StVK 1591/08):
Der Verurteilte hatte die Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung beantragt, nachdem 2/3 der Strafe vollstreckt waren. „Die Staatsanwaltschaft* hat das Gesuch nicht befürwortet. Die Justizvollzugsanstalt** hat das Gesuch ursprünglich in ihrer Stellungnahme vom 11.06.2008 befürwortet. Nachdem die Staatsanwaltschaft das Gesuch – entgegen einer in der Hauptverhandlung gegebenen Zusage – nicht befürwortet hatte und von der Strafvollstreckungskammer ein Sachverständigengutachten eingeholt worden war, hat die Justizvollzugsanstalt ihre damalige Einschätzung nicht mehr aufrecht erhalten und in ihrer Stellungnahme vom 03.12.2008 zu dem erneuten Gesuch des Verurteilten die bedingte vorzeitige Entlassung nicht mehr befürwortet. Weiterlesen

Aktenversendungspauschale ist mit Umsatzsteuer zu belegen!

Anwälte müssen die meist als Auslage gebuchte Aktenversendungspauschale mit Umsatzsteuer berechnen. Dies ergibt sich aus der Rundverfügung der OFD Ffm S 7200 A – 226 – St 111, wie die RAK Ffm im Mitteilungsblatt 1/09 bekannt gegeben hat. Wie immer bei Umsatzsteuer: sie nicht zu berechnen entbindet nicht von der Pflicht, sie an das Finanzamt abzuführen!

Jupiter und Stier II

Mein Beitrag vom 17.02.09 hat nun auch Eingang in das dortige Verfahren gefunden und wird dort als „Pamphlet“ bezeichnet. Diesem Begriff begegnen wir nun schon zum zweiten Mal, zuletzt in einer E-Mail vom 22.01.2009, über die ich am 21.03.2009 berichtet hatte. So nach dem Motto: wenn sich einer über mich beschwert, dann kann das ja nur ein Pamphlet sein. Warum so unselbstkritisch? Wenn ein Verteidiger um Verlegung bittet, weil ungefähr zum Zeitpunkt des Gerichtstermins die Entbindung bei seiner Frau stattfindet, ohne daß man diesen Termin nun genau vorher sehen könnte, wer wollte da so beckmesserisch sein und dieser Bitte nicht entsprechen? So geht man miteinander nicht um, dachte ich mir und schrieb darüber. Ein Pamphlet?
Das Beschwerdegericht hat übrigens nicht abgeholfen sondern gemeint, es sei halt das Risiko des Sachrichters, daß der Termin vielleicht doch wegen Verhinderung des Verteidigers platzt. Er müsse selbst wissen, ob er dieses Risiko eingehen wolle oder nicht.

„Frau ohne Gesicht“ tarnt sich als Arbeiterin in Wattestäbchenfabrik

So eine Sauerei! Seit Jahren in süddeutschen Raum und im benachbarten Ausland Morde usw. begehen und die Behörden an der Nase rumführen, indem man als unbescholtene Arbeiterin in einer Wattestäbchenfabrik anheuert. Man hatte sich ja schon seit geraumer Zeit gefragt, was das wohl für eine Frau ist. Aber diese Perfidie hätte man ihr wirklich nicht zugetraut.
Unabhängig davon zeigt der Fall, das Spuren allgemein und DNA-Spuren im besonderen einer wertenden Betrachtung bedürfen. In meinem Beitrag vom 28.11.08 („Die im Dunkeln sieht man nicht“) hatte ich von einem Fall berichtet, in dem DNA-Spuren eines „üblichen Verdächtigen“ an einem Tatort aufgefunden worden waren, wobei der Verdächtige zur Tatzeit im Knast saß, die Tat also gar nicht begangen haben konnte.
Der Heilbronner Fall belegt, wie scheinbar unkritisch selbst dann noch eine vorgefaßten Vorstellung von einer umherreisenen „Frau ohne Gesicht“ verfolgt wird, wenn sich schon jeder Laie fragt ob hier nicht ein Phantom, vulgo: ein Trugbild verfolgt wird. Dies hat sich jetzt bestätigt. Kein Ruhmesblatt für die Strafverfolger.

Das mittellose Gewaltopfer und sein Anwalt

Der Kläger wurde regelrecht abgestochen und wird zeitlebens querschnittsgelähmt bleiben. Für die Schadenersatzklage erhält der Kläger Prozeßkostenhilfe. Das Gericht empfahl dem Beklagten, den Anspruch durch notarielle Urkunde anzuerkennen, was dieser auch tat. Die Empfehlung spart dem Staatsfiskus viel Geld. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers, dem von der Rechtslage die umfassende und detaillierte Darlegung sowohl der anspruchsbegründenden als auch der anspruchausfüllenden Tatsachen auferlegt ist, wird als Lohn für seine Arbeit im Umfang von ungefähr acht Stunden bei einem Streitwert von über 300.000 € erhalten: 254,15 € netto.
Das Vorgehen des Gerichts ist auch ein Beitrag zum Opferschutz. Wenn das Schule macht, wird es einem mittellosen Opfern von Gewalttaten schwer fallen, einen Anwalt zu finden, der ihm bei der Durchsetzung seiner Schadenersatzansprüche beisteht.

Laptop mit Micro und Gerichtsverhandlung

Anwälte sind selbständige Organe der Rechtspflege. Als solche sind sie dem ständigen Verdacht ausgesetzt, gegen Gesetze zu verstoßen, z.B. das Verbot des § 169 GVG, Tonaufnahmen einer Gerichtsverhandlung heimlich zu fertigen und anschließend zu veröffentlichen. Rechtsanwalt Stefan Katzorke aus Chemnitz berichtet folgenden Fall: 
„Hauptverhandlung bei der Strafrichterin, es ging um den Vorwurf der Nötigung im Straßenverkehr, Strafbefehl mit ein paar Tagessätzen, kein Fahrverbot, kein Entzug der FE, …
 
Nach Aufruf der Sache stellte die (Probe-)Richterin fest, dass ich einen Laptop in Betrieb genommen habe (darauf war die gescannte Akte) und meinte, sie werde nun überprüfen, ob ich das Mikrofon ausgeschaltet habe und nicht etwa unerlaubte Tonaufnahmen von der HV anfertige. Wie man sich denken kann, war ich etwas irritiert und habe gefragt, von welchem Mikro sie spricht, mein Laptop habe gar keins. Sie erklärte mir, es sei schon vorgekommen, dass unerlaubte Aufnahmen angefertigt worden seien und sie deshalb kontrollieren müsse. Es entwickelte sich dann eine freundliche Plauderei (okay, es wurde laut). Nun ja, sie hat letztendlich meinen Laptop nicht kontrolliert, aber meine Erklärung zu Protokoll genommen, dass ich keine Tonaufnahmen anfertige. Dass ich auch keinen Stift habe, mit dem man schießen kann, wollte sie komischerweise nicht protokollieren.“ (mit frdl. Genehmigg. RA Katzorke, Chemnitz)
Tonaufnahmen sind  übrigens nur unzulässig, wenn sie zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihre Inhalts gemacht werden. Aber diesen Spitzbuben in schwarzen Roben, die sich Rechtsanwälte nennen, ist ja sogar die öffentliche Vorführung von Tonaufnahmen solch spektakulärer Verfahren wie dem, von dem der Kollege Katzorke berichtete, zuzutrauen.
 

Die Iden des März

 
Am Donnerstag, dem 22.01.09 erhielt ich um 14.44 h folgende E-Mail:
Lieber Herr Flauaus,
zu meiner Bestürzung habe ich auf Ihrer home-page Ihren Kommentar zum Kommunikationsforum für Anwälte und Richter zur Kenntnis nehmen müssen.Ihre veröffentlichten Ansichten und Gedanken enttäuschen mich doch sehr! Ich dachte eigentlich, dass Sie – vor Allem auch in Ihrer Funktron als Vorsitzender des Anwaltvereins Darmstadt und Südhessen e.V. – da etwas weitsichtiger und kritischer sind. So jedenfalls funktioniert Kommunikation sicherlich nicht!Ich sehe mich leider nicht in der Lage, an dem morgigen Neujahrsempfang teilzunehmen und hoffe nur, dass eine(r) von den „deformierten Persönlichkeiten“ Ihnen im Kreise Ihrer Kollegen dieses Pamphlet unter die Nase hält und laut fragt, ob das auch die Meinung des Anwaltsvereins Darmstadt repräsentiert. Ihre Veröffentlichung ist wirklich unter aller Würde und verletzt jeden Richter und jede Richterin in seiner Ehre. Vielen Dank!M.
Vorsitzender Richter am Landgericht
Deutscher Richterbund
Landesverband Hessen, Vorstand
Bezirksgruppe Darmstadt, Vorstand Weiterlesen

Der Mantel des Schweigens

Wenn der Vorsitzende eines Anwaltvereins im Januar sein Amt aufgibt, nachdem Richter ihn wegen einzelner Beiträge auf seinem Blog kritisiert und ihn zwei Vereinsvorstandmitglieder daher zum Rücktritt aufgefordert hatten, woraufhin gestern eine Mitgliederversammlung mit Neuwahl des Vorstands stattfand, dann stimmt die Kunde, daß Anlaß und Umstände des Wechsels im Vereinsvorsitz nicht Gegenstand dieser Mitgliederversammlung waren, im Hinblick auf Steitkultur und Diskursfähigkeit und -bereitschaft doch etwas nachdenklich, sind doch Mitgliederversammlungen von (Anwalt)vereinen ansonsten häufig eher von einer gepflegten Langeweile geprägt, bei denen man gern vom Stöckchen aufs Hölzchen kommt usw., so daß ein Vorsitzendenrücktritt – als schon fast von Eventcharakter – mehr Beachtung als seine totale Ignorierung „verdient“ gehabt hätte, zumal interessante Fragen nach dem eigenen anwaltlichen- und anwaltsvereinlichen Selbstverständnis auch in Bezug auf das Verhältnis zu anderen Rechtspflegeorganen, hätte anläßlich dessen diskutiert werden können.
Aber da schweigt man wohl lieber.