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Noch „gerechterer“ Straßenverkehr

Wenn es von der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur tönt, man werde im Rahmen der uns kurz bevorstehenden StVO-Novelle den Straßenverkehr noch sicherer, klimafreundlicher und gerechter (sic!) machen, verheißt dies für den Autofahrer nichts Gutes. Gerechtigkeit im so verstandenen Sinne bedeutet nichts anderes als härtere Sanktionen für Verkehrsübertretungen und was böte sich da mehr an als die Geschwindigkeitsüberschreitungen, denn Deutschland lässt es sich viel Geld kosten, weniger an Stellen, die dessen bedürfen, aber an Stellen, an denen sich das blitzen „lohnt“, entsprechende Messeinrichtungen vorzuhalten und mit gigantischen zentralen Bußgeldstellen und unzähligen Bußgeldrichtern ordentlich zuzulangen. Führte bislang eine Geschwindigkeitsüberschreitung erst bei mehr als 20 km/h zu einem Punkte in Flensburg soll dies nun bereits bei einer Überschreitung um mehr als 15 km/h der Fall sein. Dass besonders schmerzhafte einmonatige Fahrverbot soll danach innerorts bereits im Regelfall (und damit immer) bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 20 km/h (bisher mehr als 30 km/h) und außerorts bei mehr als 25 km/h (bisher mehr als 40 km/h) verhängt werden. Die Bußgelder werden selbstverständlich ebenfalls erhöht, wenn auch maßvoll. Das ist es, was man in Berlin unter Gerechtigkeit versteht. Vielfahrer werden dies anders sehen.

Noch mehr Fahrverbote, noch mehr Punkte

Die Sanktionen der Bußgeldkatalogverordnung werden wieder einmal verschärft. Zukünftig wird bereits bei Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 15 km/h ein Punkt im Fahreignungsregister eingetragen (bisher ab 21 km/H).
Innerorts wird zukünftig regelmäßig ein einmonatiges Fahrverbot verhängt bei mehr als 21 km/h zuviel (bisher 31 km/h). Außerorts bereits bei 26 km/h zu schnell (bisher 41 km/h).
Gründe hierfür gibt es nicht. Die Verkehrssicherheit kann es nicht sein. Noch nie gab es so wenig Verkehrstote wie 2019. Dann aber gibt es gar keine Sachgründe, die die Verschärfung allenfalls gerechtfertigt hätten. Was bleibt dann noch? Das ist halt Politik. Wenn schon kein totales Tempolimit, dann aber wenigstens die rote Karte für „Raser“. Das Auto und sein Fahrer haben es schwer in Deutschland 2020. Sie stehen auf der falschen Seite. Sind nicht mehr politisch korrekt. Niemand traut sich, sich öffentlich zu bekennen. „Freude am Fahren“, das war einmal. Heute ist es einem peinlich. In diesem Klima gedeihen Verbote, drakonische Strafen, das Schröpfen des Autofahrers. Wer sich wehrt, ist eine Umweltsau. Mindestens. Also: Klappe halten!

Das Fahrverbot für Diebe, Betrüger, Steuerhinterzieher

Seit Heiko Maas Bundesjustizminister ist, hat sich das Strafrecht wieder zum Experimentierfeld entwickelt. Dabei geht es immer nur um Verschärfung für den „Täter“ und den Ausbau der Rechte zum Schutz der „Opfer“. Insbesondere das Sexualstrafrecht weiß davon ein Lied zu singen. Den Dreck zusammenkehren kann er dann die Justiz. Daher bedarf es stets ihrer Entlastung. Jetzt kommt (wohl) demnächst mit dem Fahrverbot für alle, also nicht nur „wegen einer Straftat, die er (der Verurteilte) bei einer im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat“ (Paragraf 44 Abs. 1 Satz 1 Strafgesetzbuch), eine neue Entlastungsmöglichkeit, jedenfalls wenn es nach dem Willen des Bundesjustizministers geht, wobei, dem Vernehmen nach, die sogenannte Koalition sich offensichtlich einig ist, dass das eine tolle Idee ist. Weiterlesen

In VerkehrsOWis schon vor der Verwaltungsbehörde verteidigen!

Es ging um ein Fahrverbot wegen Geschwindigkeitsüberschreitung.
Das Beweisfoto der Bußgeldstelle zeigte einen in wesentlichen Teilen vom Rückspiegel verdeckten Fahrer. Es blieben nur Kinnpartie und linkes Auge. Der Haaransatz war vom Dach verdeckt.
Noch im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde wurde daher ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür, dass der Betroffene nicht der Fahrer war, beantragt. Ein Antrag, dem ein Gericht gerne nachgeht, auf die Gefahr hin, dass das Gutachten genau das Gegenteil erweist.
Der Antrag war mit dem Hinweis verbunden, dass bei Zweifeln an der Tätereigenschaft des Betroffenen ein Bußgeldbescheid nicht erlassen werden dürfe (Göhler, OWiG, Vor § 65, Rn 1).
Die Bußgeldstelle stellte das Verfahren daraufhin gem. § 47 OWiG ein.
Einmal mehr bestätigt dies, dass die Möglichkeiten in VerkehrsOWi-Sachen bei der Bußgeldstelle genutzt werden müssen. Sobald die Sache beim Gericht hängt, wird’s schwierig(er).

Absehen von Fahrverbot bei Schichtarbeit und ungünstigen Verkehrsverbindungen

Das Amtsgericht Darmstadt hat in einem Regelfall von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen, weil der Schichtarbeiter um rechtzeitig um 6.oo Uhr zur Frühschicht zu kommen mit dem Zug bereits um 00.22 Uhr hätte losfahren müssen. Das Bußgeld wurde knapp verdoppelt. Selbstverständlich war ein Chauffeur unzumutbar. Das Fahrverbot konnte auch nicht in den Urlaub gelegt werden, weil der Arbeitgeber aufgrund guter Geschäftslage keinen einmonatigen Urlaub „am Stück“ gewährt (214 OWi – 8200 Js 15551/11).

Justizminister planen Fahrverbote für alles mögliche

Die Justizministerkonferenz habe sich auf die Ausweitung der Nebenstrafe des Fahrverbotes aus § 44 StGB verständigt. Hört, hört! Welch gerechte Sache! Vor allem denjenigen gegenüber, die gar keine Fahrerlaubnis besitzen. Getroffen werden soll der Normalbürger, der täglich zur Arbeit fährt. Dem tut das Fahrverbot richtig weh. Und wie beim Ablaßhandel, der vor fünfhundert Jahren auch dem Sünder den Einzug ins Himmelreich ermöglichte und daher solch humorlose Fanatiker wie Luther und Melanchthon auf den Plan rief, wird dem Täter die Möglichkeit eingeräumt werden, sich von dieser zu seiner Tat in keinerlei Zusammenhang stehenden Rechtsfolge freizukaufen.  Der Sinn der Ausweitung von Fahrverboten auf Delikte außerhalb des Straßenverkehrs ist ein sachfremder! Er dient nur einer Sache. Der legalisierten Ausplünderung und wird den treffen, der eh von Staats wegen zur Ausplünderung freigegeben ist, wie es bei Neil Young heißt: the ordinary people, the hard working people.

Keine erhöhte Geldbuße statt Punkten in Flensburg

Das OLG Hamm (NJW 2009, 1014; NZV 2009, 156) hat mangels gesetzlicher Grundlage eine amtsgerichtliche Entscheidung, in der das Bußgeld verdoppelt und „angeordnet“ wurde, „daß der Punkt im Verkehrszentralregister entfällt“ aufgehoben.
In § 28 III 3 StVG ist die Eintragung zwingend vorgeschrieben. Eine Analogie zu § 4 IV BKatV, der dies beim Fahrverbot ermöglicht, ist mangels Regelungslücke unstatthaft.

Beharrlichkeit der Pflichtverletzung und Fahrverbot

Liegt kein Regelfall für ein Fahrverbot vor (Bspl.: mind. 41 km/h zu schnell außerorts) kann es nur angeordnet werden, wenn beharrliche Pflichtverletzung von einem Gewicht vorliegt, die mit den im Regelfall für ein Fahrverboz vorgesehenen Fällen vergleichbar ist. Der Bußgeldrichter hatte im Rahmen seines Ermessens trotz zahlreicher Voreintragungen  teils einschlägiger Art von einem von der Bußgeldstelle angeordneten Fahrverbot bei Verdoppelung der Geldbuße abgesehen, weil die früheren Verstöße teils lange zurück lagen und der Beroffene im letzten Jahr vor dem neuerlichen Verstoß nur einmal straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten war. Das Oberlandesgericht hat dies auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hin nicht beanstandet (OLG-Bamberg-NJW 2008, 3155).

Fazit: Jedenfalls dann, wenn kein Regelfall für die Verhängung eines Fahrverbotes vorliegt, lohnt es sich – von anderen Gründen ganz abgesehn – Einspruch gegen den Bußgeldbescheid mit Fahrverbot einzulegen.