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Majestät: „Hat ER noch eine Frage?“

Freilich, das Richteramt ist ein königliches, aber man muß es mit dem Gehabe auch nicht übertreiben.
Am Landgericht Mannheim befragte der Vorsitzende Richter den türkischen Zeugen stundenlang, wobei er sich einer Dolmetscherin bediente. Er fragt aber nicht direkt, sondern lieber die Dolmetscherin, beispielsweise: „Hat er das so bei der Polizei gesagt?“ oder „Ist das hier seine Unterschrift?“ usw.
Nach einiger Zeit längeren Befragens in besagter Weise bat ein Verteidiger, doch von „dem etwas antiquierten friderizianischen Er“  Abstand zu nehmen, worum sich der Vorsitzende (das sei „etwas schwierig“) anläßlich der nächsten beiden Fragen erfolgreich bemühte, um allerdings in bemerkenswerter Rückfallgeschwindigkeit alsdann zu dem von ihm eingeübten Modus zurückzukehren.  Weiterlesen

„Narrenfreiheit“ für süddeutsche Strafjustiz

In einem Artikel zur Spruchpraxis des 1. Strafsenats (Vors. Armin Nack) heißt es:

“ In Baden-Württemberg und Bayern bedeutet das, dass Strafverfolgungsbehörden und große Strafkammern sich in einem Klima der fast vollständigen Freiheit von Kontrolle eingerichtet haben um nicht zu sagen: Narrenfreiheit genießen.
Übertrieben? Man nehme nur den Landgerichtsbezirke Mannheim, einem der 39 im Zuständigkeitsbereich des 1. Strafsenats. Der Verfolgungseifer am Rande des rationalen – man möchte fast sagen: die Verfolgungspsychose – der dortigen Staatsanwaltschaft und die Verfahrensgestaltung durch das Landgericht erregen immer wieder bundesweites Aufsehen. Nicht nur die Prozessodyssee des Harry Wörz  und die Justizinszenierung im Falle Jörg Kachelmann sind hier zu nennen, sondern auch die Heimsuchung des SAP-Gründers Dietmar Hopp, die diesen sogar veranlasste, eine Stiftung gegen Justizmissbrauch ins Leben zu rufen. Die dortige Justiz hat verinnerlicht, dass sie mit einer Rückendeckung durch den BGH immer rechnen kann und geht damit selbstbewusst um wie mit einer Blankovollmacht. Nicht von ungefähr klingt das obige Zitat des Tübinger Strafrichters oder Staatsanwalts („wie Oliver Kahn – der hält alles, was zu halten ist“) nicht etwa kritisch, sondern wie ein Ausruf eines Fans.“ (Oliver Garcia, myops 15 (2012), S. 60 f, Beck-Verlag)
Im Bereich der Haftbeschwerden gegen Entscheidungen der Jugendkammer kommt dieser in Mannheim zudem zugute, dass der Vorsitzende der Beschwerdekammer am OLG Karlsruhe langjähriger Vorsitzender der Jugendkammer in Mannheim war. „Seine“ damaligen Beisitzerinnen blieben vor Ort. So öffnet sich über den Mannheimer Entscheidungen der viel zitierte „blaue Himmel der Rechtskraft“. Für eine gefKV eines Jugendlichen gibt’s 3 Jahre; für den  Raub eines Handys u. dgl. unter Einsatz eines Messers durch einen Jugendlichen im Drogenmilieu gibt’s 4 J. 9 M.; die Sache wurde an der unzuständigen Jugendkammer angeklagt, die sie auch verhandelt hat. Zur Begründung hieß es in der Anklageschrift, die „Strafgewalt des Jugendschöffengerichts“ reiche nicht aus. Es kann dann nicht verwundern, wenn Garcia von „Narrenfreiheit“ spricht.

Kachelmann, Alice Schwarzer und Oliver Pocher, diese drei…

Kachelmann lehnt Richter wegen Befangenheit ab. Also wenig für die Presse. Dann interviewt man ausweislich des anliegenden Fotos des Stern halt sich selbst, in diesem Fall die Reporterin der Bild-Zeitung Alice Schwarzer. Was für eine inzestuöse Branche. Und Oliver Pocher macht aus einer ernsten Sache ein Happening, indem er als Kachelmann-Double auftritt. Man kann gar nicht so viel essen, wie man …

Kachelmann draußen

Mit meiner Prognose vom 29.06.10, daß Kachelmann vor Ende der WM wieder „draußen“ ist, lag ich falsch. Er kam erst heute raus. Damit ich in Übung bleibe mit dem orakeln:

1. Am Ende der Hauptverhandlung wird keine Verurteilung stehen.
Denn auch das Landgericht wird an der Erkenntnis des OLG nicht vorbeikommen, daß letztlich Aussage gegen Aussage steht und keine belastbaren Sachbeweise vorhanden sind. Es wird ein Freispruch zweiter Klasse werden, weil (ähnlich der vermaledeiten mündlichen Urteilsbegründung im „Pascal-Prozeß“ des Vorsitzenden des Schwurgerichts Saarbrücken) die „Unschuld Kachelmanns nicht bewiesen“ sein wird.

2. Die StA Mannheim wird dennoch gewonnen haben, wenn ihr Ziel war, Kachelmann jedenfalls unmöglich zu machen, wofür spricht, daß sie in ihren Presseerklärungen unter grober Missachtung der Persönlichkeitsrecht Kachelmanns Details aus Anklageschrift und Akteninhalt öffentlich gemacht hat.
Das wird ihm auf Dauer anhängen.