Immer wieder Unverständnis begegnet man als Anwalt, der sowohl als Verteidiger als auch als Nebenklägervertreter auftritt. Warum eigentlich? Überhöhen die Kollegen ihre Rolle als Nur-Verteidiger oder Nur-Nebenklägervertreter nicht ein wenig? Sind die Rollen tatsächlich so unterschiedlich oder haben sie nicht in erster Linie eines gemein, was generell die Anwaltstätigkeit kennzeichnet: die Vertretung der Mandanteninteressen?!
Vor ein paar Jahren hat mich der damalige Vorsitzende der Jugendschutzkammer in Darmstadt einmal auf die für ihn nicht verständliche Vereinbarkeit von Opfervertretung einerseits und Täterverteidigung andererseits angesprochen. Er ist, nach Jahrzehnten als Richter, nach seiner Pensionierung Anwalt geworden. Selbst das geht. Verteidiger und Opferanwalt, geht auch, gut sogar.
Ich halte es für äußerst sinnvoll, nicht „NUR“-Strafverteidiger oder „NUR“-Nebenklagevertreter zu sein, wiewohl ich selbst überhaupt nicht in diesem Bereich aktiv bin, sondern mich eher um die sozialrechtliche Seite von Opfern kümmere.
Aber ich kenne die Diskussion aus dem Arbeitsrecht und ich persönlich finde es gut, mal als Arbeitnehmervertreterin und dann auch wieder als Arbeitgebervertreterin in Arbeitsrechtsfällen aktiv zu sein, weil ich die Haltung und das Vorgehen , die Interessen und Mentalitäten der verschiedenen Seiten besser verstehen kann.
Wahrscheinlich wäre es ohnehin am allerbesten, auch die Richter würden ab und an als Anwälte agieren bzw. Anwälte als Richter. Denn das Verständnis der jeweiligen Rolle könnte dadurch nur steigen.
Gerade wurde mir wieder einmal eine Geschichte einer Richterin erzählt, die sich nach ihrer Pensionierung als Anwaältin zulassen ließ und entsetzt feststellen musste, dass sie die Beratungshilfegebühr nicht pro Brief erhält, den sie für die Mandanten schreibt …