Ich hatte bereits am 4. Februar 2010 über den Wunsiedel-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts berichtet. Volkmann hat die Entscheidung jetzt in NJW 2010, 417 besprochen. Hieraus einige Zitate:
„… sind die Tore für willkürliche Begrenzungen der Meinungsfreiheit geöffnet. Es besteht dann die Gefahr, dass der Kreis der grundlegenden Wertungen zu weit gezogen wird und aus der politischen Debatte auch jene bloß unbequemen Äußerungen ausgeschlossen werden, auf die gerade eine nicht im Juste-milieu erstarrte Demokratie angewiesen ist. Diskussionsverbote erwecken zudem immer den Anschein, als hätte man etwas zu verbergen oder zu befürchten; sie sind traditionell das Mittel derer, die ihre selbst nicht sicher sind „(a.a.O., S. 418). Weiterlesen
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… und antifaschistischer Bundesstaat! (BVerfG 1 BvR 2150/08)
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 04.11.2009 (NJW 2010, 47) Art. 20 Abs. 1 GG wie oben angegeben ergänzt und steht damit in Kontinuität zur verblichenen DDR, die ja auch und vor allem ein antifaschistischer Staat war, wobei es ja richtigerweise antinationalsozialistischer Staat heißen müßte, aber der schöne verkosennamte Begriff „Antifa“ hat sich halt eingebürgert.
Es ging um die Verfassungsmäßigkeit von Paragraph 130 Abs. 4 StGB, der einzig deswegen eingeführt worden ist, um „Gedenktage“ anlässlich des Todes von Rudolf Heß in Wunsiedel verbieten zu können. So geschah es auch und bis zum Bundesverwaltungsgericht blieb es bei den Verboten. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 131, 216) gab sich viel Mühe, Paragraph 130 Abs. 4 StGB nicht als als Gesetz getarnte Einzelfallregelung anzusehen.
Das Bundesverfassungsgericht hingegen hatte keine Skrupel die Regelung als nicht allgemeines Gesetz gleichwohl für mit Art. 5 Abs. 1 und 2 Grundgesetz vereinbar zu erklären. Der Leitsatz des einundzwanzigseitigen Beschlusses lautet: „Paragraph 130 Abs. 4 StGB ist auch als nicht allgemeines Gesetz mit Art. 5 Abs. 1 und 2 Grundgesetz vereinbar. Angesichts des sich allgemeinen Kategorien entziehenden Unrechts und des Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft über Europa und weite Teile der Welt gebracht hat, und der als Gegenentwurf hierzu verstandenen Entstehung der Bundesrepublik Deutschland ist Art. 5 Abs. 1 und 2 Grundgesetz für Bestimmungen, die der propagandistischen Gutheißung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft Grenzen setzen, eine Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts für meinungsbezogene Gesetze immanent.“
Der ehemalige Vorsitzende Richter einer Strafkammer des Landgerichts Hamburg Günter Bertram hat die Entscheidung in NJW-Aktuell Heft 50/2009, VII und in einem Leserbrief in der FAZ vom Dienstag scharf kritisiert.
siehe zu hierzu auch Volkmann: „Die Geistesfreiheit und der Ungeist“, NJW 2010, 417