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Auf der Alm, da gibt’s kaa Steuersünd‘

Immer ist in den Medien von einer „Steuersünder-CD“ die Rede, so auch heute in den 8-Uhr-Nachrichten von SWR-3.
Die armen kleinen Steuersünderlein, alle zwangsvereinigt auf einer CD, da muß man doch Mitleid haben. Mir fällt die Stelle in Matthias Claudius Abendlied:

Wir stolzen Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder
Und wissen gar nicht viel

ein. So arm und klein und unwissend sind sie, die Steuersünderlein. Wußten wahrscheinlich nicht einmal, daß sie sich strafbar machen. Wollten doch allenfalls arme Sünder sein.
Bei diesem theologischen Begriff denkt man weniger an die ganz Bösen mit den Todsünden, schon eher an Bubenstreiche, wie mal vom Messwein kosten oder so.
Und in diese Gruppe scheinen auch die Steuerhinterzieher zu gehören. Und das, obwohl es nicht um den kleinen Beschiß sondern um Steuerhinterziehung im großen Stil geht. Und der BGH hatte hierzu ja vor nicht allzu langer Zeit entschieden, daß bei hinterzogenen Steuern im Millionenbereich die Strafe in den Knast zu führen hat.
Aber vielleicht ist das ja nur der Beginn einer terminologischen Entkriminalisierung und Verniedlichung von Straftaten und wir haben demnächst noch die Sünder wider das Leben oder gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu erwarten, die heute noch Mörder oder Vergewaltiger genannt werden.

BGH: Weiterarbeiten am Modell: Knast für alle

Der BGH hatte in Fällen der Wirtschaftskriminalität schon kürzlich einen wichtigen Beitrag zur Weiterarbeit an seinem Modell „Knast für alle“ geleistet, indem er mit der Vollstreckungslösung bei in diesen Fällen üblicher langer Verfahrensdauer Knast auch dort erzwang, wenn auch verkürzt, wo bisher noch „Bewährung“ möglich war.
Mit der gestrigen Entscheidung in einer Steuerhinterziehungssache ist Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren und damit ohne die Möglichkeit der Aussetzung zur Bewährung nun bei Hinterziehungsfällen mit Steuerschäden von mindestens 1 Mio. € obligatorisch. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Schaden inzwischen wieder gutgemacht ist.
Liegt der Schaden, wie bereits zum Betrugstatbestand entschieden, bei mindestens 50.000 €, liegt ein Schaden großen Ausmaßes vor, der nur mit einer Mindesfreiheitsstrafe von 6 Monaten geahndet werden könne, die grundsätzlich aber noch zur Bewährung ausgesetzt werden könne.
Darunter ist die Regelstrafe Geldstrafe.