Das Amtsgericht hatte dem Kläger nur 20 % seiner Schäden zugesprochen. Er kam mit seinem PKW aus einem Baumarkt und hatte sich in eine dreistreifige Straße eingetastet, auf der in beiden Richtungen der Verkehr stockte. Er wollte nach links und hatte den ersten Streifen schon überquert, als von links der Beklagte kam und mit dem stehenden klägerischen Fahrzeug auf dem mittleren Streifen mit einer sachverständig festgestellten Geschwindigkeit von 33,6 km/h kollidierte. Unstreitig wollte der Beklagte nach einer insgesamt etwa 50 m langen Strecke seinerseits links in ein Grundstück einbiegen. Das Amtsgericht sah die Vorfahrt des Beklagten verletzt, hielt den Unfall für diesen jedoch nicht für unabwendbar.
Die Berufung wurde damit begründet, daß das Gericht bei seiner Entscheidung § 7 IIIa StVO nicht bedacht habe. Danach besteht auf dem mittleren von drei Fahrspuren Überholverbot. Wer nach links abbiegen will, darf sich dort einordnen.
Obwohl der Beklagte unstreitig eine ganze Reihe von Fahrzeugen überholt hatte (Autos im Stau stehend stehen sich bewegenden Fahrzeugen gleich), kündigte die Darmstädter Berufungskammer die Zurückweisung durch einstimmigen Beschluß an, weil der Beklagte ja letzlich gar nicht überholt habe sondern abbiegen wollte. Es läge ein Einordnen zum Linksabbiegen vor und damit: auch wenn zehn Autos überholt worden wären, sei dies kein Überholen.
Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt oder zur Rücknahme der Berufung. Der letzte Satz lautet: „Nach Ablauf der Frist wird das Berufungsgericht wie oben angekündigt durch unanfechtbaren Beschluss entscheiden.“
Dies nahm der Kläger zum Anlaß, die Richter der Berufungskammer wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Denn ausdrücklich sollte es auf die Stellungnahme des Klägers nicht mehr ankommen. Auf jeden Fall sollte „wie oben angekündigt“ durch unanfechtbaren Beschluss entschieden werden.
Die dienstlichen Erklärungen meinen dazu, ein verständiger Empfänger könne nicht auf so eine Idee kommen. Mal sehen, wie’s ausgeht. Schuld an allem ist 522 II. Wobei man auch mit diesem maßvoll umgehen kann, wie schon mehrfach bei den Darmstädter Zivilsenaten des OLG festzustellen.
Der Satz hätte sicherlich geschickter formuliert werden können. Dass der Befangenheitsantrag durchgehen wird, wird dennoch wohl niemand ernsthaft annehmen.
Ähem,hat der Beklagte ÜBERHOLT oder ist er an den Fahrzeugen VORBEIGEFAHREN?
Und 7a III dient wohl nicht dem Schutz einfahrender Fahrzeuge, sondern der Vermeidung von Unfällen mit
spätentschlossenen Spurwechslern vom durchgehenden Fahrstreifen auf den Abbiegestreifen.
Die Formulierung zur Entscheidung nach Fristablauf ist sicher sehr ungeschickt, dass die Frist zur
Stellungnahme und eine etwaige Stellungnahme nicht berücksichtigt würde, kann man mE nicht unbedingt
daraus ableiten. Aber manch einer ist recht schnell „besorgt“…Hat denn der gesamte Senat die Verfügung
unterzeichnet (dass die beabsichtigte Zurückweisung zunächst eine Überzeugungsbildung des ganzen Senats
voraussetzt, ist mir schon klar) oder nur der Vorsitzende?
Was heißt hier ähem? Ich hatte schon ausgeführt, daß es kein bloßes Vorbeifahren an aufgrund stockenden Verkehrs stehenden Fahrzeugen gibt, solche Fzge vielmehr wie sich bewegende Fzge zu behandeln sind.
Ändert aber nichts daran, dass man auf dem Ausfädelungsstreifen
am stockenden Verkehr mit „mäßiger“ Geschwindigkeit und „beson-
derer Vorsicht“ vorbeifahren (überholen) darf. Und dass die
Vorschrift nicht dem Schutz des aus einer Grundstücksausfahrt in
die Straße Einbiegenden dient, ebenso wenig wie eine 50 m vorher
„überfahrene“ rote Ampel dies täte.
Und wenn Sie bei Grüneberg, Haftungsquoten Rdnrn 68 und 69 lesen,
muss man sagen, dass 80 zu 20 nicht unbedingt ein schlechtes
Ergebnis ist (ist mir schon klar, dass es immer auf die Umstände
des Einzelfalles ankommt, aber im § 10 steht nun mal klipp und klar
.“hat sich dabei so zu verhalten, daß eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls hat er sich einweisen zu lassen“.)
Sagen Sie mal, Klabauter, sind Sie Mitglied der Berufungskammer oder der Beklagtenvertreter in cognito, oder was? Die Quote von 20 % gab’s aufgrd. d. Besonderheiten des Einzelfalls schon, bevor jemand getickt hatte, daß der Beklagte auf dem mittleren Fahrstreifen streng genommen nichts zu suchen gehabt hat. Mag sein, daß die Regelung, die ihm ein Überholen untersagt, originär nicht den Querverkehr schützt; nach der Rechtslage darf jedoch auch der Querverkehr darauf vertrauen, daß dort nicht überholt wird, wo’s verboten ist. Deswegen ist die Quote, gelinde, verkürzt und vulgo gesagt: Mist.
Nö. War noch nie „im Hessische“ tätig. Aber warum ereifern Sie
sich so, bewahren Sie doch professionelle Distanz zu den Interessen
Ihres Mandanten 😉
Pingback: Rechtsanwalt Achim Flauaus » Beschluss gem. § 522 II ZPO durch nur zwei Richter?