Weshalb muss ein sogn. „Messbeamter“, also ein Polizist, der misst, ob der Führer eines Kraftfahrzeuges sich der Überschreitung von Geschwindigkeitsvorgaben „schuldig“ gemacht hat, von der „Polizeiakademie Hessen“ (und anderswo) eigentlich auch geschult werden in: „Verhalten vor Gericht“? So heißt dies in unverblümter Offenheit in einer von der Polizeiakademie Hessen ausgestellte Teilnahmebescheinigung an der „Veranstaltung Vitronic PoliScanSpeed“ aus. Ist denn das Verhalten vor Gericht ein bei der Polizei besonders schulungswürdiges Verhalten? Immerhin ergeben sich die Pflichten eines Zeugen (zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Aussage und der strafrechtlich relevante Verstoß hiergegen) nicht nur unmittelbar aus dem Gesetz, das der Polizist kennen sollte, sondern auch aus den Belehrungen des ihn vernehmenden Richters. Kaum wird die Veranstaltung sein allgemeines Verhalten zum Inhalt haben, das, was man früher „gute Kinderstube“, also eine Art „Knigge-Verhalten“, nannte. Geht es etwa bei der speziellen Schulung „Verhalten vor Gericht“ um ein Verhalten, das vor Gericht nicht selbstverständlich sein sollte und dass gerade deswegen besondere Schulung bedarf? Z.B. nicht ganz wahr, nur halb wahr oder sogar glatt gelogen, sich dabei aber nicht erwischen lassen? Wir zahlen jedenfalls die Schulung mit Steuern und Abgaben. Und dann zahlen wir die Bußgelder und dazwischen die Messbeamten, die Gerätschaften und die Richter usw. Wenn’s der Verkehrssicherheit dient! Der Kaiser hat doch gar nichts an, sagte das Kind.
Weshalb wohl? Anders als Sie es unterstellen (wie lüge ich perfekt?, zu den Inhalten derartiger Fortbildungen kann man ein wenig googeln und findet Ihre Vermutungen dann so gar nicht bestätigt), dürften folgende Gründe eine Rolle spielen:
– weil anders als bei Otto Normalverbraucher der Auftritt als Zeuge für einen mit Geschwindigkeitsmessungen befassten Ordnungsamtsmitarbeiter/Polizisten nicht die Ausnahme ist, sondern sehr häufig vorkommt und damit typischerweise zur Berufstätigkeit gehört, und man zu berufstypischen Tätigkeiten Fortbildungen anbieten und besuchen kann? Wenn privat bezahlt, aber beruflich veranlasst, sogar steuerlich absetzbar?
– weil auch Anwälte ihren Mandanten ein „Vernehmungs-Coaching“ anbieten, also durchaus ein Bedarf für entsprechende Fortbildungen nicht nur für Berufszeugen besteht? Lehren Anwälte dort ihre Mandanten, die eine simple richterliche Belehrung über Zeugenpflichten nicht verstehen, gar das Lügen? Oder dient es nur der bloßen Beutelschneiderei, weil der Anwalt auch nicht mehr vermittelt als die beim Richter kostenlos zu habende Zeugenbelehrung?
– damit Messbeamte z.B. erkennen können, ob sie auf bestimmte Fragen ausgefuchster Verteidiger, die ihrem Mandanten mal zeigen wollen, wie man einen Zeugen „so richtig in die Mangel nimmt“ oder gar, ein neues Phänomen, von „Reichsbürgern“ und ähnlichen Spinnern, überhaupt antworten müssen (Aussagegenehmigung? 68 a StPO, 241 StPO) ?
Genau das habe ich mir auch gedacht, als mal wieder ein solcher Schulungsnachweis in der Akte war … 😉
Genauso gut könnte man sagen: wozu einen Anwalt, wenn der Angeklagte unschuldig ist und die Wahrheit sagt, kann ihm doch nichts passieren …
… wir wissen alle, dass man sich auf die Verhandlung vorbereiten muss um ein optimales Ergebnis zu erzielen …
„Wenn ich das damals so geschrieben habe, dann war das auch so.“
Dass das „Coaching“ des Betroffenen/Beschuldigten durch seinen Verteidiger nicht mit dem eines zur Wahrheit verpflichteten Zeugen vergleichbar oder gar gleichsetzbar ist, sollte doch wohl jedermann einleuchten.