Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte hat jeder das Recht, daß eine gegen ihn erhobene strafrechtliche Anklage innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Bei rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerungen wurde bisher auf die Strafe ein „Rabatt“ gewährt mit der Folge, daß beispielsweise eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren statt etwa 2 Jahren und 6 Monaten verhängt wurde, die ohne rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung angemessen gewesen wäre. Im Beispielsfall hätte das Gericht dann auch zu prüfen gehabt, ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Diese Praxis verhindert zukünftig der Beschluss des Großen Senates des BGH vom 17.01.2008. Nunmehr ist in der Urteilsformel auszusprechen, daß ein bezifferter Teil der verhängten Strafe als vollstreckt gilt (BGH-NJW 2008, 860). Im Beispielsfall wird der Angeklagte nunmehr zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt und ausgesprochen, daß 6 Monate als vollstreckt gelten. Die Frage nach einer Bewährungsaussetzung stellt sich nicht mehr. Auswirkungen hat diese Entscheidung insbesondere auch in Fällen, in denen an die Verwirkung einer bestimmten Mindesstrafe Folgen geknüpft sind, etwa im Ausländerrecht die regelmäßige Ausweisung oder im Beamtenrecht der Verlust des Amtes und der Pension.