Verhaften sie die üblichen Verdächtigen

Man kann sicher darüber streiten, welcher Verfahrensverstoß der Strafverfolgungsbehörden am Ende dazu führt, dass der erhobene Beweis nicht gegen den Beschuldigten im Strafverfahren verwertet werden darf.
Offensichtliche Verfahrensverstöße aber gar nicht erst als solche zu erkennen und dann, wenn man darauf aufmerksam gemacht wird, ihn als solchen nicht anzuerkennen und (noch später) sich schön zu reden, ist indiskutabel.
Der Mandant stand morgens um 5:30 Uhr mit seinem Auto im Drive-Inn-Schalter von McDonald’s. Dies sieht ein Polizist, der nach Dienstschluss auf dem Nachhauseweg ist. Drei Monate vorher hatte er schon einmal mit dem Mandanten zu tun. Damals hatte der Verdacht bestanden, der Mandant wäre alkoholisiert Auto gefahren. Damals habe man es ihm, so der Polizist heute im Zeugenstand, nichts nachweisen können.
Nach dem Motto „verhaften sie die üblichen Verdächtigen“ rief er seine Kollegen auf dem Polizeirevier an und veranlasste diese, die Wohnanschrift des Mandanten anzufahren, wo sie ihn, in alkoholisierten Zustand vor seinem Haus, neben seinem Auto, die Autoschlüssel in der Hand, antrafen.
Nachdem es somit keinerlei Verdachtsgrundlage gegen den Mandanten gegeben hatte, wurde der Verwertung der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise widersprochen. Das Gericht und die Sitzungsvertreterin der Amtsanwaltschaft waren voll des Unverständnisses. Zunächst vertrat man die Auffassung, die Polizei dürfe ohne jede Verdachtsgrundlage zu jeder Zeit jedermann jeglicher Kontrolle unterziehen. Selbst schuld, wenn man etwas zu verbergen habe. Diese bemerkenswerte Position zieh der Verteidiger im Schlussvortrag als mit freiheitlich-rechtsstaatlichen Prinzipien schlechterdings unvereinbar, vielmehr seien dies Merkmale des Polizeistaats. In der mündlichen Urteilsbegründung wurde die Position dann etwas abgeschwächt. Der dasTätigwerden rechtfertigende Verdacht wurde nunmehr darin gesehen, dass der Mandant sich schon zu einem früheren Zeitpunkt einmal verdächtig gemacht hatte. Wen interessiert es dann noch, dass der damalige Verdacht sich nicht bestätigt hat. Auch diese Position ist nicht die allerrechtsstaatliche.

Ein Gedanke zu „Verhaften sie die üblichen Verdächtigen

  1. Carlo

    Worauf genau wollen Sie hinaus? Die Polizei hat Ihren Mandanten angetroffen, als er in offenbar erkennbar alsokolisiertem Zustand gerade aus dem Auto gestiegen war. Reicht Ihnen das nicht für einen einfachen Tatverdacht, wie er für eine Maßnahme iSv 81a SPO erforderlich ist? Oder wollen Sie behaupten, schon um zum Haus des Mandanten zu fahren und ihn anzusprechen, hätte es einer besonderen Ermächtigungsgrundlage bedurft? Beides wäre offensichtlich nicht richtig.

    Flauaus: ein Polizist läßt seine Kollegen ausrücken und einen Bürger kontrollieren, obwohl rein garnichts gegen ihn voliegt. Aber egal, der Erfolg gibt ihnen ja Recht. So sollten wir zukünftig generell vorgehen. Der unbescholtene Bürger wird zur Fiktion. Jeder hat was zu verbergen.

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