Immer ist in den Medien von einer „Steuersünder-CD“ die Rede, so auch heute in den 8-Uhr-Nachrichten von SWR-3.
Die armen kleinen Steuersünderlein, alle zwangsvereinigt auf einer CD, da muß man doch Mitleid haben. Mir fällt die Stelle in Matthias Claudius Abendlied:
Wir stolzen Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder
Und wissen gar nicht viel
ein. So arm und klein und unwissend sind sie, die Steuersünderlein. Wußten wahrscheinlich nicht einmal, daß sie sich strafbar machen. Wollten doch allenfalls arme Sünder sein.
Bei diesem theologischen Begriff denkt man weniger an die ganz Bösen mit den Todsünden, schon eher an Bubenstreiche, wie mal vom Messwein kosten oder so.
Und in diese Gruppe scheinen auch die Steuerhinterzieher zu gehören. Und das, obwohl es nicht um den kleinen Beschiß sondern um Steuerhinterziehung im großen Stil geht. Und der BGH hatte hierzu ja vor nicht allzu langer Zeit entschieden, daß bei hinterzogenen Steuern im Millionenbereich die Strafe in den Knast zu führen hat.
Aber vielleicht ist das ja nur der Beginn einer terminologischen Entkriminalisierung und Verniedlichung von Straftaten und wir haben demnächst noch die Sünder wider das Leben oder gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu erwarten, die heute noch Mörder oder Vergewaltiger genannt werden.