Die FAZ berichtete gestern über das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zur Entschädigung für die überlange Dauer von Gerichtsverfahren. Der Richterbund begrüßte das Vorhaben. Habe aber in seiner Presseerklärung betont, Schuld an den Verzögerungen hätten die Länder, wegen der zu schlechten Ausstattung der Gerichte, nicht hingegen die Richter.
Die hoffentlich ungestörte Wahrnehmung auf der anderen Seite der Richterbank kann dies leider nicht bestätigen. Man wundert sich vielmehr über die reflexhafte Vorneverteidigung des Richterbundes, die an die aggressive Öffentlichkeitsarbeit von Lobbygruppen erinnert die weniger seriöse Interessen vertreten. Unangemessene Verzögerung ist ja auch nicht die Regel. Wenn sie aber vorliegt, liegt dies fast immer an bestimmten Richter- oder Staatsanwaltspersönlichkeiten, die die ihnen vergönnten Freiheiten und Privilegien ausnutzen. Alle wissen, daß es sie gibt, aber ihre Existenz wird geleugnet. Es ist wie bei des Kaisers neuen Kleidern.
Äh, Moment. Das Märchen kenne ich andersrum. Alle wissen, dass es sie nicht gibt, aber ihre Existenz wird fingiert. Dann passt’s natürlich schlechter.
Ich denke, dass es Richterpersönlichkeiten gibt, die über die Jahre „etwas eigen“ geworden sind, dürfte auch der DRB nicht leugnen. Immer nur Recht zu haben ist auf die Dauer für die Psyche und das Ego nicht gesund. Das sieht man sowohl bei manchen Richtern als auch bei manchen Lehrern.
Die Frage ist doch, ob die Zunahme von überlangen Verfahren damit irgendetwas zu tun hat. Schließlich gibt es dieses Phänomenen schon immer.
Oder liegt es vielmehr an den Einsparungen der letzten Jahre, insbesondere an den Kürzungen bei den Geschäftsstellen. Wenn Geschäftstellen über Monate nicht besetzt sind und Geschäftsstellenbeamte regelmäßig überlastet sind, braucht man sich nicht wundern, dass ein einfaches Diktat oder die Ausführung einer Verfügung Wochen dauern.
Hinzu kommt, dass man sich bei der Justiz entschlossen hat, auch bei konstant schlechten Leistungen oder gesundheitlichen Problemen niemanden zu feuern. Das ist sehr sozialstaatlich. Man darf bei der Stellenbedarfsberechnung dann aber nicht so tun, als würde jeder Mitarbeiter volle Leistung bringen. Genau das erfolgt aber regelmäßig.